Warum der Verkehr ein Gesundheitsrisiko ist
Die Bedeutung von Nicht-Abgasemissionen wie Bremsen- und Reifenabrieb wird oft vernachlässigt. Doch Gesundheitsgefahren sind klar belegt.

Feinstaub, auch als Partikelmaterial (PM) bezeichnet, ist ein komplexes Gemisch aus festen und flüssigen Partikeln, die in der Luft dispergiert sind und als Aerosol auftreten. Diese Partikel variieren stark in Grösse, Form und chemischer Zusammensetzung.
Für die Zwecke der Luftqualitätsregulierung werden sie hauptsächlich nach ihrem aerodynamischen Durchmesser klassifiziert.

PM10 bezeichnet Partikel mit einem Durchmesser von 10 Mikrometern (µm) oder weniger. Diese Partikel sind inhalierbar und können bis in die oberen Atemwege vordringen.
PM2.5 umfasst die feineren Partikel mit einem Durchmesser von 2.5 µm oder weniger. Sie sind eine Unterkategorie von PM10 und gelten als besonders gefährlich, da sie aufgrund ihrer geringen Grösse tief in die feinsten Verästelungen der Lunge eindringen und von dort teilweise in die Lymph- und Blutbahnen gelangen können.
Ultrafeinen Partikel (UFP)
Eine noch feinere Kategorie sind die ultrafeinen Partikel (UFP), mit einem Durchmesser von weniger als 0.1 µm (100 Nanometer). Obwohl diese Partikel nur einen kleinen Anteil der Gesamtmasse des Feinstaubs ausmachen, sind sie zahlenmässig die häufigsten Partikel in der Luft.

Ihre extrem geringe Grösse ermöglicht es ihnen, nicht nur tief in die Lunge, sondern auch direkt in den Blutkreislauf aufgenommen zu werden. Die wissenschaftliche Gemeinschaft erkennt zunehmend die Bedeutung dieser kleinsten Partikel.
Bisherige Regulierungen konzentrierten sich primär auf die Reduktion der Partikelmasse (PM10, PM2.5), was jedoch nicht zwangsläufig die Anzahl ultrafeiner Partikel reduziert.
Quellen von Feinstaub
Feinstaub kann sowohl natürlichen Ursprungs sein als auch durch menschliche Aktivitäten erzeugt werden.
Natürliche Quellen: Dazu gehören Emissionen aus Vulkanen und Meeren (Seesalz), Bodenerosion (z.B. aufgewirbelter Saharasand), Wald- und Buschfeuer sowie biogene Aerosole wie Viren, Sporen von Bakterien und Pilzen. Saharastaubereignisse können beispielsweise in der Schweiz zu einer signifikanten Erhöhung der PM10-Werte führen.
Anthropogene Quellen: Die vom Menschen verursachten Feinstaubquellen sind vielfältig:
- Verbrennungsprozesse: Wichtige Verursacher sind Kraftfahrzeuge (insbesondere Dieselmotoren). Hinzu kommen Kraft- und Fernheizwerke, Abfallverbrennungsanlagen, Öfen und Heizungen in Wohnhäusern (vor allem Holzfeuerungen) sowie verschiedene Industrieprozesse.
- Mechanische Prozesse (Nicht-Abgasemissionen): Ein wachsender Anteil des Feinstaubs stammt aus mechanischem Abrieb. Dazu gehören der Verschleiss von Reifen, Bremsen und Kupplungen sowie der Abrieb von Fahrbahnoberflächen. Auch die Wiederaufwirbelung von Staub von Strassen trägt zur Feinstaubbelastung bei.
Gesundheitliche Auswirkungen
Atemwege: Feinstaub kann Reizungen der Atemwege verursachen, was zu Husten, Atemnot, Bronchitis und Asthmaanfällen bei Kindern und Erwachsenen führt. Langfristige Exposition ist mit verzögertem Lungenwachstum bei Kindern, eingeschränkter Lungenfunktion, chronischer Bronchitis und chronisch obstruktiver Lungenerkrankung (COPD) sowie Lungenkrebs verbunden.
Herz-Kreislauf-System: Feinstaub trägt massgeblich zu Herz-Kreislauf-Erkrankungen bei, darunter Bluthochdruck, Arteriosklerose, Störungen der Blutgerinnung, Herzinfarkt, Herzinsuffizienz, Herzrhythmusstörungen und Schlaganfall. Herz-Kreislauf-Erkrankungen machen etwa 80% der luftverschmutzungsbedingten Todesfälle aus.
Weitere systemische Effekte: Es gibt Hinweise auf Zusammenhänge zwischen langfristiger Feinstaubexposition und einem erhöhten Risiko für Typ-2-Diabetes mellitus und Auswirkungen auf die neurologische Entwicklung bei Kindern und Erwachsenen.
Gefährdungspotenzial wie das Rauchen
Mortalität: Luftverschmutzung ist weltweit eine der grössten Bedrohungen für die öffentliche Gesundheit und verursacht jährlich Millionen vorzeitiger Todesfälle. In der Schweiz werden jährlich rund 3'000 vorzeitige Todesfälle der Aussenluftverschmutzung zugeschrieben, was über 30'000 verlorenen Lebensjahren entspricht.
Vulnerable Bevölkerungsgruppen: Kinder, ältere Menschen und Personen mit vorbestehenden Atemwegs- oder Herz-Kreislauf-Erkrankungen sind besonders anfällig für die negativen Auswirkungen von Feinstaub. Kinder atmen im Verhältnis zu ihrer Körpergrösse mehr Luft ein und ihre Lungen befinden sich noch im Wachstum.
Besonders belastete Gebiete in der Schweiz
Die Feinstaubbelastung in der Schweiz ist nicht überall gleichmässig verteilt. Hotspot-Regionen, in denen die Feinstaubkonzentrationen besonders hoch sind, finden sich typischerweise in urbanen Ballungsräumen und entlang stark befahrener Strassen.
Städte wie Zürich, Genf, Basel, Bern und Lausanne weisen tendenziell höhere Feinstaubkonzentrationen auf. Messstationen, die verkehrsnah positioniert sind, wie Bern-Bollwerk und Lausanne-César-Roux, oder an Autobahnen wie Härkingen-A1 und Sion-Aéroport-A9, zeigen entsprechend höhere PM10- und NO2-Werte.
Ein weiteres Problemgebiet sind die Alpentäler, wo die Feinstaubkonzentrationen aufgrund topografischer Gegebenheiten erhöht sein können. Insbesondere das Tessin (südlich der Alpen) wurde im Jahr 2021 als Region mit den höchsten PM2.5-Konzentrationen identifiziert.