Porsche im Jahr 1968: Schneller als ein heutiges Hypercar

Daniel Huber
Daniel Huber

Im unerbittlichen Streben nach Geschwindigkeit und dem Sieg im Bergrennsport schuf Porsche 1968 ein einzigartiges Meisterwerk: den 909 Bergspyder.

Porsche 909
Der Porsche 909 «Bergspyder stellt ein entscheidendes, wenn auch kurzlebiges Kapitel in Porsches Motorsportgeschichte dar - Detectandpreserve

Dieser 1968 gebaute Spyder-Sportwagen hatte das Ziel, Porsches Dominanz in der hart umkämpften Europäischen Bergmeisterschaft (EHCC) zu behaupten. Porsche hatte sich in den 1960er Jahren als unangefochtener «König der Berge» im Bergrennsport etabliert.

Zwischen 1958 und 1968 wurden erstaunliche 20 von 24 trophäenberechtigten EHCC-Klassen gewonnen. Diese Disziplin galt als ideales Testfeld für die Fahrzeuge, da sie den Ingenieuren ermöglichte, auf kurvenreichen, hoch gelegenen Strassen zu experimentieren.

Piëchs Vision und die strategische Notwendigkeit

Piëch ordnete die Entwicklung des 909 direkt an. Sein Ziel war es, einen «superleichten Rennwagen» speziell als Gegenmassnahme zu Ferraris erwartetem Bergrennspezialisten zu bauen.

Porsche 909
Porsche 909 bei einer Demonstrations­runde auf dem Nürburgring (1981). - Lothar Spurzem

Der 909 wurde als «Übergangs-Rennwagen» konzipiert, entwickelte sich aber schnell zu einem technischen Wunderwerk und einem Wendepunkt in Porsches Geschichte.

Piëchs Besessenheit von der Gewichtsreduzierung war legendär und wurde zu einem prägenden Merkmal des 909-Projekts. Es wird berichtet, dass er den Fortschritt des Wagens persönlich mit einem Magneten überprüfte: Wenn dieser an einem Teil haftete, wurde den Ingenieuren sofort befohlen, ein leichteres Material zu finden, um die Stahlkomponenten zu ersetzen.

Extreme Gewichtsreduzierung

Das Ergebnis dieser fanatischen Hingabe war ein Fahrzeug, das trocken erstaunliche 375 kg wog oder 384-385 kg mit Öl und Kraftstoff. Dies machte ihn zum leichtesten Rennwagen, den Porsche je gebaut hatte, und in etwa halb so schwer wie einen modernen Formel-1-Wagen.

Porsche 909
Obwohl seine Rennkarriere mit nur zwei Einsätzen kurz war und er keine direkten Siege errang, diente der 909 als wertvolles «Ideenlabor. - Porsche

Dies stellte eine erhebliche Verbesserung von 45 kg gegenüber dem bereits als enorm leicht geltenden 910/8 des Vorjahres dar. Jede Komponente, so klein sie auch war, wurde auf potenzielle Gewichtseinsparungen hin überprüft. Ein fahrendes Labor für fortschrittliche Materialien und radikales Design

Extreme Technik: Beryllium-Bremsscheiben

Eine besonders auffällige und umstrittene Innovation war die Verwendung von Beryllium für die Bremsscheiben, eine Technologie, die erstmals am 910/8 Spyder zum Einsatz kam. Beryllium ist bemerkenswert leicht, es wiegt nur ein Viertel herkömmlicher Gusseisenscheiben, was zu einer erheblichen Gewichtseinsparung von 14 kg führte.

Diese Wahl hatte jedoch schwerwiegende Nachteile: Beryllium war extrem teuer, kostete 1968 etwa 1'000 US-Dollar pro Scheibe, und erzeugte beim Verschleiss giftigen, krebserregenden Staub.

Aufgrund dieser Herausforderungen wurden nur fünf solcher Scheiben hergestellt, die typischerweise im schnelleren der beiden Fahrzeuge verbaut wurden. Aufgrund des giftigen Staubs wurden diese verchromt.

Extreme Technik: «Kugeltank»

Um das Gewicht einer herkömmlichen Kraftstoffpumpe (geschätzt 1,7 kg) einzusparen, verwendete der 909 einen revolutionären stickstoffüberdruckten Titan-Kugeltank, bekannt als «Kugeltank».

Porsche 909
Retro-Show: Porsche 909 beim Gaisberg-Bergrennen 2019. - Porsche AG

Dieses System bestand aus einer äusseren Titanschale mit einer inneren Gummiblase, die den Kraftstoff enthielt. Stickstoffgas wurde zwischen Schale und Blase geleitet, um den Kraftstoff unter Druck zu setzen und ihn ohne mechanische Pumpe zum Motor zu befördern.

Extreme Technik: Typ 771 Achtzylinder-Boxermotor

Der 909 wurde von einem 2.0-Liter, 275 PS (205 kW) starken Typ 771 Achtzylinder-Boxermotor angetrieben. Der Motor verfügte über eine komplexe Architektur und Nockenwellenanordnung, die erstaunliche 220 Stunden für den Bau einer einzigen Einheit erforderte.

Das extreme Leistungsgewicht des Fahrzeugs führte zu einer phänomenalen Leistung, die eine unglaubliche Beschleunigung von 0 auf 100 km/h in nur 2.4 Sekunden ermöglichte. Damit war er schneller als ein moderner McLaren P1 Hypercar.

Seine Höchstgeschwindigkeit betrug etwa 250 km/h.

Kurz, aber brillant

Trotz seines revolutionären Designs und seiner Ingenieurskunst hatte der Porsche 909 Bergspyder eine bemerkenswert kurze Wettbewerbslaufbahn. Er nahm nur an zwei Rennen der Europäischen Bergmeisterschaft 1968 teil.

Nur zwei Einheiten des 909 Bergspyder wurden jemals gebaut. Diese beiden Fahrzeuge wurden in nur zwei Veranstaltungen der EHCC-Saison 1968 eingesetzt.

Porsche hatte den 909 ursprünglich speziell für die Saison 1968 entwickelt, um Ferraris direkter Herausforderung zuvorzukommen. Das Gaisberg-Bergrennen (08.09.1968, Österreich) war die Wettbewerbspremiere des 909. Porsche-Fahrer Rolf Stommelen fuhr den 909 und erreichte einen 3. Platz

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