Hinter den Kulissen der Formel-1, Teil I: Enzo Ferrari
Macht, Millionen und schnelle Autos – das ist die Formel-1. In dieser Serie geben wir einen kleinen Einblick hinter die Kulissen, ihre Macher und Geschichte.
Die Formel-1: Sie ist Mythos und Legende zugleich. Seit ihrer offiziellen Gründung 1950 hat sie die Rennfahrerherzen bewegt, grosse Persönlichkeiten hervorgebracht, aber auch grosse Dramen, Skandale.
Doch was macht diesen Rennsport wirklich aus? Sind es nur die Autos, das Geld oder beides?
In dieser Serie wollen wir darüber Aufklärung geben. Denn entscheidend sind die Menschen hinter den Kulissen – die Macher. So jemand wie Enzo Ferrari – kaum eine andere Persönlichkeit hat diese Königsklasse des Rennsports so geprägt wie er.
Alles beginnt mit einem Pferd
Schon als Junge beginnt Enzo, sich für die damals revolutionäre Technik des Verbrennungsmotors zu begeistern – erstes technisches Wissen und Erfahrungen sammelt er in der Schmiede seines Vaters. Später folgen sogar eigene Motorkonstruktionen – der inzwischen 21-Jährige beginnt mit der Konstruktion eines eigenen Rennwagens.
Eine besondere Freundschaft sollte sich dabei als schicksalshaft erweisen: Nach seinem ersten grossen Grand-Prix-Sieg lernt Enzo den Grafen Enrico Baracca kennen.
Von ihm stammt das berühmte Pferd, das als Symbol auf dem Rumpf des Doppeldeckers seines 1918 im Weltkrieg gefallenen Sohnes Francesco angebracht war. Fortan sollte es dem jungen Enzo Glück bringen.
Die «Scuderia Ferrari»
Mit der «Scuderia Ferrari» (Übersetzung für Scuderia: «Pferdestall») gründet Ferrari schliesslich sein eigenes Werksteam. Zunächst fuhr man noch weiter mit Alfa-Romeo-Fahrzeugen. Ferrari übernimmt die gesamten Rennsportaktivitäten von Alfa und wird stellvertretender Teamleiter.
Doch Enzo wollte lieber eigene Rennwagen bauen – das führte zu Reibereien und schliesslich zum Bruch. Statt einer Eingliederung der Scuderia in den Alfa Romeo-Rennstall einigte man sich darauf, dass Ferrari vier Jahre lang nicht unter eigenem Label fahren durfte.
Nach einem kriegsbedingten Umzug von Modena nach Maranello begann die endlich eigenständige Scuderia Ferrari mit der Konstruktion ihres ersten eigenen Rennwagens: dem 125 Sport.
Der erste eigene Ferrari
Dieser erste Ferrari sollte schliesslich ein Jahr später, 1947, auf sich aufmerksam machen. Schon damals im typischen Ferrari-Rot gewinnt der 125 Sport mit dem Rennfahrer Franco Cortese den Grand-Prix von Rom.
Das Pferd, das nun auf der Motorhaube prangte, hatte sein Versprechen als Glücksbringer eingelöst. Er war auch Ferraris erster 12-Zylinder – das Überraschende dabei: Der Motor verfügte nur über 1,5 Liter Hubraum.
Das reichte immerhin schon für damals bahnbrechende 118 PS – eine modifizierte Version sollte mithilfe von Kompressortechnik auf 230 PS kommen. Der erste für die Formel-1 Rennserie entwickelte 125 F1 schaffte sogar 260 PS.
Gründung der Formel-1
Die Anfänge der Formel-1 liegen im Prinzip früher zurück: Formierten sich die ersten Grand-Prix-Rennen zu Beginn des 20. Jahrhunderts, gab man sich in den Folgejahren zunehmend Regeln und begann die steigende Zahl an Rennen besser zu organisieren.
Zwischenzeitlich will man aber davon wieder weg und so entsteht die «regellose» Formel Libre. Erst nach dem Zweiten Weltkrieg wagt man sich an eine Reorganisation.
So gilt das Jahr 1950 als offizielles Gründungsjahr, in dem mehrere Grand-Prix Rennen zu einer Gesamtweltmeisterschaft mit eigenem Bewertungssystem zusammengefasst wurden: Der Formel-1 war geboren.
Der erste Formel-1-Grand-Prix fand am 13. Mai im britischen Silverstone statt. Weltmeister in dem Jahr wurde ertmals der Fahrer Giuseppe Farina im Alfa-Romeo. Ferrari sollte sich aber schon ab der zweiten Saison durchsetzen und fortan die Formel-1 Serie dominieren.
Die graue Eminenz
Bis ins hohe Alter prägte Enzo Ferrari die Formel-1, nunmehr zu einer grauen Eminenz geworden, einem Grandeur des Motorsports. Wer eine Audienz will, muss dem «Godfather» die nötige Ehrfurcht erweisen.
Wie sein Verwandter im Geiste, Bernie Ecclestone, besass er die richtigen Instinkte für Macht und Einfluss und zog im Hintergrund die Fäden. Seiner Schützenhilfe in der Auseinandersetzung mit dem Automobilsportverband FIA ist es mitzuverdanken, dass die Formel-1 zu der Grösse und Bedeutung heranwuchs, die sie heute besitzt.
Natürlich nicht, ohne dass Ferrari dadurch in besonderem Masse von profitieren konnte, beispielsweise durch grosszügige Bonuszahlungen.
Der Mythos lebt weiter
Ferrari erreicht ein hohes Alter und wird schliesslich mit 90 Jahren 1988 in seiner Heimatstätte Modena zur letzten Ruhe gebettet. Bis heute lebt der Mythos weiter: Ferrari ist der einzige Hersteller, der an jeder Formel-1-Saison seit Gründung teilnahm.
Mit allein 15 WM-Meisterschaften in der Fahrer- und 16 in der Konstrukteurswertung gilt die Scuderia als das erfolgreichste Team in der Geschichte der Formel-1. Ihr Gründer bleibt unvergessen: Dafür sorgen nicht nur die vielen Museen, sondern auch solchen schönen Gesten, wie man sie in Imola zu tun verstand:
Dort benannte man posthum die Rennstrecke nach Enzos Sohn Dino und Enzo Ferrari selbst: „Autodromo Enzo e Dino Ferrari“.