Hinter den Kulissen der Formel-1, Teil II: Die Akte Ecclestone

Alexander Scherer
Alexander Scherer

Am 27.11.2024 - 15:20

Macht, Millionen und schnelle Autos – das ist die Formel-1. Doch was steckt hinter dem Glanz und Glamour? Die Wahrheit ist: Es ist ein knallhartes Geschäft.

Bernie Ecclestone, Grand-Prix-Qualifying Shanghai, 14. April 2012
Der Macher: Bernie Ecclestone während dem Qualifying beim Grand-Prix von Shanghai, China, 14 April 2012. - Depositphotos

Er galt lange Zeit als Inbegriff des knallharten Managers: Bernie Ecclestone, den man auch gerne mal als «Mr. Formel-1» bezeichnet. Jahrzehntelang prägte er den glamourösen Rennzirkus wie kaum ein Anderer.

Ein vielsagender Ausspruch Ecclestones geht wie folgt: «Wir sind nicht so etwas wie die Mafia, wir sind die Mafia». Berechnend, rücksichtslos, mächtig – so könnte man leicht den ehemaligen Chef der Formel-1 abtun und die Akte Ecclestone wieder schliessen.

Doch welcher Mensch verbirgt sich in Wahrheit hinter diesen Worten?

Eiserner Wille zum Aufstieg

Heute zählt der gebürtige Brite zu den reichsten Menschen der Welt. Laut Forbes-Liste sollen ihm und seiner Familie rund 2,73 Milliarden Euro gehören. Dabei stammte er aus einfachsten Verhältnissen.

Geboren 1930 im englischen Suffolk wächst er als Sohn eines Fischkutter-Kapitäns und einer Hausfrau in eher ärmlichen Verhältnissen auf. Bereits mit 16 beendet er die Schule und tritt eine Stelle bei den örtlichen Stadtwerken an.

Reutemann und Ecclestone, Grosser Preis von Österreich 1975
Rechts im Bild: Der 45-jährige Ecclestone mit dem Argentinier Carlos Reutemann beim Grossen Preis von Österreich, 1975. - Wikipedia

Vom Ehrgeiz angetrieben, beginnt Ecclestone mit dem Restaurieren von Fahrzeugen, was ihm gutes Geld einbringt. Er steigt schliesslich in den Motorrad- und Autohandel ein.

Der Motorsport begeistert ihn: Ecclestone wird selbst Rennfahrer, 1958 fährt er fast bei den Grand-Prix's in Monaco und in Silverstone mit, schafft es sich jedoch nicht, sich zu qualifizieren.

Vom Rennfahrer zum Formel-1 Manager

Ecclestone wechselt vom Cockpit hinter den Schreibtisch, denn ein schwerer Unfall veranlasst ihn dazu, die Rennsport-Karriere wieder aufzugeben. Stattdessen beginnt er mit dem Management von Teams und Fahrern, darunter auch die britische Rennfahrer-Legende Stuart Lewis-Evans.

Ecclestone mit Ex-Frau Slavica und Michael Schumacher, 1991 in Magny-Cours, Frankreich
Auf Du und Du mit den Grössen des Rennsports: Hier mit dem jungen "Schumi" Michael Schumacher, 1991 in Magny-Cours, Frankreich, rechts neben Ecclestone seine damalige Frau Slavica. - Wikipedia

Doch Lewis-Evans verunglückt leider tödlich, worauf sich Ecclestone aus dem Sport zunächst komplett zurückzieht. 10 Jahre später kehrt er jedoch wieder auf die Formel-1-Bühne zurück.

Einer seiner nächsten strategischen Schritte ist die Gründung der «Formula One Constructors Association», (abgekürzt «FOCA») als Interessenvertretung aller Racing-Teams gegenüber dem Automobilsport-Dachverband FIA. Dadurch kann sich Ecclestone schliesslich die Rechte an der TV-Vermarktung sichern – was ihn zu einem reichen Mann macht.

Das «Concorde-Agreement»

Ecclestone ist ein Typ, der keinem Streit aus dem Weg geht: Er will mehr Macht und mehr Geld für die Teams, und damit auch für sich – das führt unweigerlich zu Konflikten mit dem Automobilsportverband.

Historisches Foto von Enzo Ferrari, Enzo-Ferrari-Museum in Modena, Italien
Ecclestones "machiavellischer" Bruder im Geiste und wichtigster Verbündeter: Enzo Ferrari. - Depositphotos

So scheut sich Ecclestone nicht – mittels der Schützenhilfe durch die «FOCA» – seine Interessen gegenüber der FIA durchzusetzen. Sein Gegner: der mächtige FIA-Präsident Jean-Marie Belestre.

Auf dem Höhepunkt dieses Machtkampfes, der sich um Intrigen, Regeländerungen und Boykotts dreht, kommt es 1980 schliesslich zu einem historischen «Friedensabkommen»: dem sogenannten «Concorde-Agreement». Bis heute regelt es die Aufteilung der Einnahmen zwischen den Veranstaltern und den Teams und wird regelmässig verlängert.

Als wesentlicher Verbündeter dabei erweist sich Enzo Ferrari: Beide verbindet quasi eine «machiavellistische Seelenverwandschaft» – Glücksspiel, Intrigen, schnelle Autos und schöne Frauen. Ecclestone versteht es, Ferrari auf seine Seite zu ziehen, und damit die entscheidende Trumpfkarte in diesem Machtspiel zu halten.

Kontroversen und Skandale

Endlich hält Ecclestone die gewünschte Machtfülle in seinen Händen: absolute Kontrolle bei Verträgen mit Organisatoren, Reglement und TV-Rechten. Konflikte gibt es in den Folgejahren aber trotzdem immer wieder.

Model und Society-Girl Tamara Ecclestone, während einer Fashion-Party in Hong Kong 2014
Auch Tochter Tamara (40) ist um Skandale nicht verlegen und immer wieder in der Klatschpresse vertreten. - Depositphotos

2009 lässt er in einem umstrittenen Zeitungsinterview Sympathie für Hitler durchscheinen, weil dieser «Dinge geregelt bekam», woran sich britische Politiker ein Beispiel nehmen sollten. Insbesonderes jüdische Gruppierungen protestierten aufs Heftigste und forderten zum Ecclestone-Boykott auf – später entschuldigte er sich für diese Kontroverse.

Das «System Ecclestone»: Steuerhinterziehung und Korruption

Mehrfach muss sich der Brite ausserdem Gerichtsprozessen wegen Korruption und Steuerhinterziehung stellen. 2014 steht er etwa vor dem Landgericht München unter Anklage wegen des Vorwurfes der Bestechung und Untreue.

Gegen eine Zahlung von 100 Mio. US-Dollar wird das Verfahren schliesslich eingestellt. 2023 einigt er sich nach einem Geständnis mit den britischen Behörden auf eine Steuernachzahlung von 652 Mio. Pfund.

Seine Kooperationsbereitschaft lässt ihn noch einmal den Kopf aus der Schlinge ziehen und bewahrt ihn vor dem Gefängnis. Die 17-monatige Haftstrafe wird zur Bewährung ausgesetzt.

Ein Mann, getrieben von Angst?

Rund 50 Jahre hat «Bernie» Ecclestone der Formel-1 seinen Stempel aufgedrückt und sie zu dem gemacht, was sie heute ist. Er hinterlässt ein System aus Stiftungen und Finanzgeflechten – Steuerfahnder und Gerichte haben es immer wieder unter die Lupe genommen.

Man fragt sich, warum das alles? Als Ecclestone damals vor dem Landgericht in München steht, begründet er seine Handlungsweise mit «Angst vor Armut» – ein trauriges wie beängstigendes Eingeständnis.

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