Blackbox: Was Ihr Auto wirklich über Sie weiss
Wissen Sie, was die «Blackbox in Ihrem Auto wirklich aufzeichnet und welche massiven Auswirkungen das auf Sie hat?

Der Event Data Recorder (EDR), oft als «Blackbox» bezeichnet, ist eine zentrale Komponente moderner Fahrzeuge. Er erfasst eine Momentaufnahme relevanter Fahrzeugdaten kurz vor, während und nach einem Kollisionsereignis.
Im Gegensatz zu Flugschreibern zeichnen EDRs weder Audio noch Video auf und erfassen auch kein langfristiges Fahrverhalten. Ihre Datenerfassung ist ereignisgesteuert und zeitlich begrenzt.
Diese Technologie bietet objektive Beweismittel für Unfallrekonstruktionen und hilft bei rechtlichen oder versicherungsbezogenen Streitigkeiten. Zudem werden Fahrzeugmängel identifiziert und die Fahrzeugsicherheit kontinuierlich verbessert.
Die Rolle des Event Data Recorders in der modernen Unfallanalyse
EDRs sind in der Automobilindustrie weit verbreitet; bereits 2014 besassen 96 Prozent der Neuwagen in den USA einen solchen Recorder. Eine bedeutende Entwicklung ist die EU-weite Pflicht zum Einbau von EDRs in alle neuen Personenkraftwagen ab Juli 2024. Diese Verpflichtung gilt ebenfalls für leichte Nutzfahrzeuge.

Die Schweiz hat sich dieser EU-Regulierung angeschlossen, was die zunehmende Bedeutung von EDR-Daten für Unfalluntersuchungen unterstreicht. Die Verfügbarkeit dieser Daten wird stark zunehmen und einen Paradigmenwechsel in der Unfallrekonstruktion bewirken.
Dies führt weg von subjektiven Zeugenaussagen hin zu objektiven, faktischen Daten.
Welche Daten zeichnet eine Blackbox im Auto auf?
EDRs erfassen spezifische und objektive Datenpunkte zur Fahrzeugdynamik und zum Insassenverhalten rund um einen Unfall. Zu den gängigen Parametern gehören die Fahrzeuggeschwindigkeit, die Aktivierung der Bremsen und die Stellung des Gaspedals.
Auch der Lenkwinkel, die Airbag-Auslösung und der Sicherheitsgurtstatus werden präzise aufgezeichnet. Hinzu kommen G-Kraft-Messungen, Motordrehzahl, der Status von ABS/ESP und GPS-Daten.
Die Präzision dieser Daten, insbesondere von Delta-V und G-Kräften, bietet eine wissenschaftliche Grundlage zur Beurteilung der Unfallschwere. Diese Daten übertreffen die Aussagekraft subjektiver Berichte bei Weitem.
Speicherzeit
EDRs speichern diese Daten für einen kurzen Zeitraum, typischerweise 5 bis 20 Sekunden rund um das Ereignis, in einem nichtflüchtigen Speicher. Die Aufzeichnung wird durch bestimmte Auslöseereignisse wie einen Aufprall, die Auslösung eines Airbags oder abruptes Bremsen aktiviert.

Die Integration des EDR in das Airbag-Steuergerät ist eine strategische Entscheidung. Diese Platzierung optimiert die Datenerfassung und gewährleistet, dass wichtige Kollisionsdaten auch bei schweren Unfällen erhalten bleiben.
Der Nutzen von EDR-Daten: Warum sie entscheidend sind
EDR-Daten verbessern Unfalluntersuchungen erheblich, indem sie einen objektiven Bericht über das Geschehen liefern. Dies ist besonders wertvoll, wenn Zeugenaussagen widersprüchlich oder unzuverlässig sind.
Durch die Analyse von Geschwindigkeit, Bremsvorgängen und Aufprallkräften können Ermittler den Unfallhergang detailliert rekonstruieren. Diese Daten dienen auch als entscheidende Beweismittel in Gerichtsverfahren und bei Versicherungsansprüchen.
Sie klären, ob ein Fahrer zu schnell fuhr, Ausweichmanöver versuchte oder Bremsen missachtete. Versicherungsunternehmen nutzen EDR-Daten zur Validierung von Ansprüchen und zur Betrugserkennung.
Empirie zur Prävention
Darüber hinaus tragen EDR-Daten massgeblich zur Verbesserung der Fahrzeugsicherheit bei. Die gewonnenen Erkenntnisse fliessen in die Entwicklung und Verfeinerung von Sicherheitssystemen wie Airbags und Fahrerassistenzsystemen (ADAS) ein. EDRs liefern empirische Daten aus realen Unfällen.

Dies ermöglicht Herstellern, Schwachstellen zu identifizieren und effektivere Sicherheitstechnologien zu entwickeln, was die Zahl der Verkehrstoten und Verletzungen kontinuierlich reduziert.
Regulierung und verpflichtende EDR-Implementierung
Die Einführung von EDRs wird weltweit vorangetrieben. In den USA sind sie bereits seit 2012 für neu hergestellte Fahrzeuge verpflichtend. Die EU-Verordnung 2019/2144 schreibt den Einbau von EDRs in alle neuen Personenkraftwagen und leichten Nutzfahrzeuge ab Juli 2024 vor.
Für Busse, Reisebusse und Lastwagen erfolgt die Pflicht ab Januar 2029. Die Schweiz hat sich diesen EU-Standards angepasst. Sie schreibt die «Blackbox» für neue Personenwagen und Lieferwagen ab April oder Juli 2024 vor.
Diese gestaffelten Einführungsdaten spiegeln einen pragmatischen Ansatz wider, der die dringende Notwendigkeit verbesserter Verkehrssicherheitsdaten mit der Komplexität der Technologieintegration in Einklang bringt. Die Regulierungsbehörden berücksichtigen dabei die unterschiedlichen Designanforderungen und Marktzyklen der verschiedenen Fahrzeugkategorien.
Datenzugriff, Datenschutz und Sicherheitsaspekte
Der Zugriff auf EDR-Daten ist streng reglementiert. Die Daten werden intern im Fahrzeug gespeichert, oft im Airbag-Steuergerät, und sind nicht kontinuierlich per Fernzugriff auslesbar.
Der Zugriff erfordert in der Regel die Zustimmung des Fahrzeughalters oder eine gerichtliche Anordnung. Polizei, Unfallrekonstruktionsexperten, Versicherungsunternehmen und Gerichte können die Daten unter bestimmten Bedingungen auslesen.
Dies geschieht mittels spezieller Tools über den OBD-II-Port oder direkt am EDR-Modul. Die Daten werden dabei kopiert, nicht manipuliert oder gelöscht. Datenschutzbestimmungen wie die DSGVO in der EU regeln den Umgang mit EDR-Daten.
Breiter Nutzen
Es wird betont, dass EDR-Daten anonymisiert sein müssen, um keine Rückschlüsse auf das Fahrzeug oder den Halter zuzulassen. Manipulationsschutz durch kryptografische Methoden und physische Sicherheitsmassnahmen ist ebenfalls vorgeschrieben.
Die Daten werden nur für die notwendige Dauer gespeichert und danach automatisch gelöscht, es sei denn, ein Airbag wurde ausgelöst. Fahrzeughalter müssen über das Vorhandensein von EDRs informiert werden und haben das Recht, ihre Daten einzusehen.
Die Anonymisierung der EDR- ist entscheidend, um das öffentliche Vertrauen zu wahren und die Akzeptanz dieser Sicherheitstechnologie zu fördern. Sie verhindert, dass EDRs als Überwachungsinstrumente wahrgenommen werden, und stellt sicher, dass sie primär der Unfallanalyse und der Verbesserung der Verkehrssicherheit dienen.