Mut zum Wandel: Diesel-Lektionen aus dem Jahre 1936
Innovation entsteht aus wirtschaftlichem Druck. Als Mercedes-Benz den 260 D präsentierte, war der Diesel im PKW eine Sensation: effizient, langlebig, mutig.

Das markante Nageln eines Dieselmotors wird auf unseren Strassen zusehends seltener. Doch vor fast 90 Jahren war genau dieses Geräusch der Startschuss für eine technische Revolution im Personenverkehr.
Mit dem Mercedes-Benz 260 D präsentierten die Stuttgarter 1936 den weltweit ersten Serien-Diesel für private Personenwagen. Das Modell W 138 überzeugte die Fachwelt damals vor allem durch seine enorme Effizienz im direkten Vergleich zu den Ottomotoren.
Ein technisches Wagnis
Der Motor OM 138 leistete bescheidene 45 Pferdestärken bei einer Drehzahl von 3'000 Umdrehungen pro Minute. Diese Kraft reichte aus, um das schwere Fahrzeug auf eine Höchstgeschwindigkeit von rund 95 km/h zu beschleunigen.
Ingenieure integrierten erstmals die von Bosch entwickelte Einspritzpumpe erfolgreich und serienreif in einen kompakten Personenwagen-Antrieb. Zuvor kamen selbstzündende Motoren fast ausschliesslich in grossen Lastkraftwagen oder stationären Maschinen zum Einsatz.

Die Vorkammer-Technologie sorgte dabei für einen weicheren Verbrennungsablauf und eine für damalige Verhältnisse gute Laufruhe. Damit bewies Mercedes-Benz schon sehr früh den Mut zu radikalen technischen Veränderungen am Fahrzeug.
Wirtschaftlichkeit als Trumpf
Besonders Taxifahrer schätzten den 260 D wegen seines geringen Verbrauchs von knapp unter zehn Litern auf 100 Kilometer. Ein vergleichbarer Benziner benötigte zu jener Zeit fast die doppelte Menge an Treibstoff.
Die Langlebigkeit des Motors machte das Fahrzeug zur absoluten Legende im harten Dauereinsatz des städtischen Gewerbes. Viele Exemplare spulten Hunderttausende von Kilometern ohne nennenswerte technische Probleme ab.
Trotz des deutlich höheren Anschaffungspreises amortisierte sich die Investition für Vielfahrer bereits nach kurzer Zeit. Wirtschaftlichkeit stand damals wie heute im Fokus der automobilen Entwicklung.
Der Zwang zur Neuerfindung
Knapp ein Jahrhundert nach dieser Premiere stehen wir erneut vor einem gewaltigen Umbruch in der individuellen Mobilität. Das sich abzeichnende Ende des Verbrennungsmotors zwingt Hersteller weltweit zur radikalen Abkehr von bewährten Konzepten.

Der einstige Pioniergeist des 260 D muss nun zwingend in die Entwicklung von Wasserstoff- und Elektroantrieben fliessen. Blosses Festhalten an alter Technik löst die drängenden ökologischen Probleme unserer Zeit nicht.
Innovation bedeutet heute nicht mehr Reichweite durch Dieselkraftstoff, sondern Nachhaltigkeit durch emissionsfreie Systeme. Die Geschichte zeigt uns deutlich, dass technologischer Stillstand langfristig keine Option darstellt.














