Volksautos: Wegbereiter der Massenmobilität in Europa

Daniel Huber
Daniel Huber

Bevor Luxus kam: VW, Opel, Mercedes und Fiat schufen nach 1945 das Fundament des Wirtschaftswachstums, mit robusten und erschwinglichen Massenfahrzeugen.

Lancia Lambda
Der Lancia Lambda verfügte über eine für damalige Verhältnisse revolutionäre Einzelradaufhängung an der Vorderachse mit hydraulischen Stossdämpfern. - Ralf Roletschek

Die Ära der Massenmotorisierung im 20. Jahrhundert wurde nicht durch luxuriöse Einzelstücke, sondern durch erschwingliche und zuverlässige Fahrzeuge für die breite Bevölkerung eingeläutet. Die ersten Grossserienmodelle europäischer Hersteller legten den technischen und wirtschaftlichen Grundstein für die moderne Automobilindustrie, indem sie Mobilität für die Allgemeinheit zugänglich machten.

Diese Fahrzeuge sicherten oft das wirtschaftliche Überleben ihrer Produzenten in turbulenten Zeiten und definierten das Konzept des persönlichen Transports fundamental neu. Die deutsche Industrie, angeführt von Volkswagen und Opel, spielte eine zentrale Rolle bei der Etablierung des sogenannten «Volksautos».

VW Käfer
Der VW Käfer: ein weltweit beliebter Klassiker. - Pixabay

Der 1938 konzipierte VW Käfer (Typ 1) entwickelte sich nach dem Zweiten Weltkrieg zum unangefochtenen Symbol des deutschen Wirtschaftswunders. Seine Langlebigkeit, der luftgekühlte Vierzylinder-Boxermotor und die simple Wartung machten ihn zum weltweit meistverkauften Automobil seiner Ära.

Technische Revolution und Neustart nach dem Krieg

Parallel dazu setzte Opel bereits vor dem Krieg mit dem Opel P4 (1935–1937) auf ein ähnliches, preisorientiertes Konzept, das darauf abzielte, die Fliessbandproduktion für Massenmärkte zu perfektionieren. Mercedes-Benz wählte mit dem robusteren 170 V (W 136) einen anderen, aber ebenso entscheidenden Weg.

Mercedes Benz W136
Nach dem Krieg war der Mercedes-Benz W 136 das erste Pkw-Modell, dessen Produktion wieder aufgenommen wurde und so wesentlich zum Wiederaufbau von Daimler-Benz beitrug. - Alexander Migl

Das Modell wurde direkt nach 1945 zum existenziellen Überlebensanker des Unternehmens, lange bevor wieder Luxuslimousinen produziert werden konnten. Während Deutschland auf Robustheit und Wiederaufbau setzte, forcierte Italien die Motorisierung durch extrem kompakte Lösungen wie den Fiat 500 Topolino.

Opel P4
Opel P4: Angetrieben wurde der Viersitzer von einem 1.1-Liter-Vierzylinder-Motor mit 23 PS, der eine Höchstgeschwindigkeit von 85 km/h ermöglichte. - Lothar Spurzem

Der 1936 eingeführte Topolino («Mäuschen») bestach durch seine kompakten Masse und einen anspruchslosen 0.5-Liter-Motor. Das machte ihr zum erschwinglichsten Fahrzeug für viele italienische Familien, und somit zu einem nationalen Symbol.

Monocoque-Chassis

Lancia hingegen definierte bereits 1922 mit dem Lancia Lambda den Begriff Grossserie aus technischer Sicht neu: Der Lambda war das erste Serienfahrzeug mit einer selbsttragenden Karosserie (Monocoque-Chassis).

Fit Topolino
Der Fiat Topolino war eine Antwort auf die Forderung nach einem erschwinglichen Auto für die breite Bevölkerung in Italien. - Lothar Spurzem

Dieser revolutionäre Schritt, der die Steifigkeit und das Fahrverhalten grundlegend verbesserte, ist auch heute noch der Standard im Automobilbau. Die Marke Audi, die in den 1960er Jahren unter dem Dach von Volkswagen wiederbelebt wurde, startete ihre moderne Ära mit dem Audi 60 (Teil der F103-Reihe).

Audi 60
Die Modellbezeichnung «60» leitete sich von der Motorleistung von 60 PS ab, welche die Einstiegsvariante des Wagens bot. - Berthold Werner

Dieses Modell nutzte den innovativen «Mitteldruckmotor» und sollte die Marke im anspruchsvollen Premium-Segment etablierten. Dort ist der Hersteller auch Jahrzehnte später noch zu Hause.

Mehr zum Thema:

Weiterlesen