Neujahrsgrüsse aus der Steilkurve: Britische Tradition auf Touren

Maia Schmied
Maia Schmied

Wenn in England am Neujahrsmorgen die Zündschlüssel gedreht werden, geht es um mehr als nur eine Ausfahrt – es ist ein Akt der mechanischen Hingabe.

Oldtimer brookland
Historischer Boden: Brooklands wurde 1907 eröffnet und gilt als die weltweit erste zweckgebundene Rennstrecke für Automobile. - Brooklandsmuseum.com (Screenshot)

In Grossbritannien beginnt das Jahr für viele Autofans traditionell nicht auf dem Sofa, sondern hinter dem Steuer. Während viele Menschen den 1. Januar ruhig angehen, drehen sich auf der Insel bereits im Morgengrauen die ersten Zündschlüssel.

Der markante Duft von unverbranntem Benzin liegt schwer in der kalten Morgenluft. Alte Motoren verlangen bei niedrigen Aussentemperaturen nach einer fachkundigen Behandlung:

Ein stabiler Schmierfilm muss aufgebaut werden, um das mechanische Herzstück vor Verschleiss zu schützen. Dieses kraftvolle Erwachen der Technik markiert den Beginn einer liebgewonnenen Tradition.

Das Mekka in Brooklands

Das Brooklands Museum gilt weltweit als Wiege des britischen Motorsports. Am Neujahrstag verwandelt sich das historische Gelände in ein lebendiges Freiluftmuseum.

Über tausend Klassiker besetzen die geschichtsträchtige Steilkurve aus rauem Beton – ein Anblick, der die bewegte Automobilgeschichte fast aller Epochen greifbar macht.

Hier tauschen erfahrene Mechaniker und Enthusiasten technische Kniffe und Anekdoten aus. Der Geist alter Renntage erwacht durch das rhythmische Knattern der Motoren zu neuem Leben.

Die Magie der ersten Ausfahrt

Die erste offizielle Ausfahrt des Jahres besitzt in England eine tiefe Symbolik: Ein gelungener Ausflug mit dem gepflegten Oldtimer soll Glück für die kommenden zwölf Monate bringen.

Dafür investieren die Besitzer oft Wochen in die akribische Wartung. Unter den rauen winterlichen Bedingungen wird die Zuverlässigkeit der «Oldies» auf eine harte Probe gestellt.

Trockene und vor allem salzfreie Strassen sind dabei die entscheidende Grundvoraussetzung, um die wertvollen Karosserien vor Korrosion zu schützen.

Vielfalt auf dem Beton

Das Spektrum reicht von ehrwürdigen Vorkriegsmodellen bis hin zu modernen Youngtimern. Auch skurrile Eigenbauten und exotische Prototypen finden ihren Platz in der ersten Reihe. Diese Vielfalt spiegelt die tiefe Verwurzelung der Automobilkultur im Vereinigten Königreich wider.

Zahlreiche Markenclubs organisieren gemeinsame Fahrten durch die winterlichen Landschaften der englischen Grafschaften. Begeisterte Zuschauer säumen die Wege und feiern die vorbeiziehenden Kulturgüter. Es ist ein Fest der Mechanik, das Generationen von Technikfans harmonisch verbindet.

Präzision beim Kaltstart

Ein erfolgreicher Motorstart bei Frost erfordert vom Fahrer Fingerspitzengefühl. Vor dem Drehen des Schlüssels werden Zündkerzen und Batteriezustand geprüft. Der manuelle Choke muss äusserst feinfühlig bedient werden, um den Motor nicht zu «ersäufen».

Ein geduldiges Warmfahren schont die spröden Dichtungen und die beweglichen Innenteile. Erst wenn das Motoröl die optimale Betriebstemperatur erreicht, entfaltet das historische Triebwerk seine volle Kraft.

Diese sorgfältige mechanische Prozedur ist für echte Liebhaber kein lästiger Aufwand, sondern ein emotionaler Bestandteil dieses festlichen Neujahrsrituals.

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