Wie die BMW Isetta es über die Alpen schaffte
Was haben Familiengeschichten, eine BMW Isetta Baujahr '56 und die Formel 1 gemeinsam? Eine kleine persönliche Anekdote ...
Mit der BMW Isetta verbindet mich privat vieles. Speziell die Isetta 300 ist für mich nicht nur ein Kleinwagen oder Oldtimer, sondern ein Stück Familiengeschichte.
Angefangen hat alles mit einer Familienfeier. Die Geschichten von «Oma Giesela» und «Tante Gerda» gehörten irgendwie immer dazu.
Kleinwagen vom Typ Isetta
Ich kann nicht mehr zählen, wie oft ich die Autogeschichten, den Schnee oder den langen Fussmarsch gehört habe. Immerhin 7 Kilometer von Kernried nach Burghof.
Die Menschen damals waren aus einem anderen Holz als wir heute. Aber was hat das alles mit einer BMW-Isetta zu tun?
Im Petticoat hinaus in die Welt
Ich muss Ihnen von Klaus erzählen, dem Cousin meiner Tante Gerda. Klaus hatte eine BMW Isetta 300, die Anfang der 70er Jahre schon ein Kleinwagen-Klassiker war.
Klaus und Tante Gerda hatten ein sehr gutes Verhältnis, hatten die gleichen Interessen und Vorlieben. Beide interessierten sich sehr für Motorsport, insbesondere für das jährlich stattfindende Schweizer Bergrennen und natürlich Formel 1.
Innenraum bot Platz für zwei
Ihre Themen drehten sich um den Turiner Autosalon, Rechtslenker, Lenksäulen und Getriebe. Der kleine Kabinenroller aus München war zu der Zeit ein erschwinglicher Weg in die Mobilität.
Für die Isetta 300 mit dem Einzylinder-Viertakter seinerzeit für einen Preis von ca. 3'700 CHF. Die Geschichte der Isetta ist eine Geschichte Deutschlands.
Der Hersteller BMW stand kurz vor dem Bankrott und brauchte ein neues, massentaugliches Modell. Dabei hatte das Unternehmen vor allem die Kosten fest im Blick.
Parken: Ein Kinderspiel
Die Lösung kam aber dann nicht aus Müchnen, sondern aus Italien. Auf dem Turiner Autosalon 1954 am Stand von Iso Rivolta, ein Rollermobil eines italienischen Herstellers von Kühlschränken und Miniautos, mit einem Dreirad und einer riesigen Fronttür: die Ur- «Iso Isetta».
So kam es, dass sich Klaus und Tante Gerda mit einer kleinen BMW Isetta 300 auf den Weg nach Italien machten. Der Kalender zeigte den 3. September 1973.
«Micro Mobility Vehicle» aus Wales
Die Fahrt dauerte unglaubliche zwei Tage und brachte allerlei Unvorhergesehenes mit sich. Aber sie schafften es – hin und zurück.
Welche «Leistung» dahinter steckte, wurde mir erst vor dem Hintergrund bewusst, als ich mir vor 2 Jahren eine BMW Isetta 250 aus Wales zulegte. Modell-Typ 1956, 250 Kubik-Motor, nicht fahrbereit, aber in einem relativ guten Zustand.
Im Königreich nennt man diesen TYP auch «micro mobility vehicle».
Auto mit Charme
Mein ganzes Wissen über den Oldtimer BMW Isetta 250 hatte ich aus einem originalen Verkaufsprospekt, den mir ein Sammler aus Österreich freundlicherweise verkaufte.
Als das kleine Fahrzeug dann endlich vor mir stand, empfand ich die Kategorie Kleinwagen als sehr schmeichelhaft. Kleinstwagen würde hier wohl eher zutreffen.
Schwacher Motor mit kräftigem Sound
Als Erstes habe ich festgestellt, dass die Personen früher wirklich kleiner waren. Die Isetta ist klein, sehr klein. Der Einstieg über die Fronttür ist aber keineswegs kompliziert.
Zum Erreichen der Sitzbank bewegt sich die gesamte Front. Mit einer Länge von 2'285 mm und 1'380 mm in der Breite wirkt sie wie aus einem Modellbaukasten gebastelt, aber nicht wie ein fahrbarer Oldtimer.
Minimalistisch sind auch die Leistungsdaten. 12 PS aus 245 Kubikzentimetern Hubraum sind kaum grösser als mein Rasenmäher im Gerätehaus.
Die Höchstgeschwindigkeit wird mit 85 km/h angegeben. Bergab soll der Tacho aber schon mal auf 90 gehen, versprechen mir die Enthusiasten aus den einschlägigen Foren.
Hier die BMW Isetta in Zahlen:
- Produktionszeitraum 1955–1962
- Motoren: 0,25–0,30 Liter (8,8–9,6 kW)
- Länge: 2'285 mm
- Breite: 1'380 mm
- Höhe: 1'340 mm
- Radstand:1'500 mm
- Leergewicht: 350–370 kg
Eine Zeitreise durch die Schweiz
Aber das ist wirklich nicht wichtig an diesem Auto. Es dauerte 2 Jahre, bis die «Knutschkugel», wie die BMW Isetta auch genannt wurde, komplett repariert und restauriert war.
Die allererste Probefahrt sollte mich zu meinen Grosseltern führen. Es ist schon „beeindruckend“, wenn man von allen Fahrzeugen überholt wird und sich kein Gefühl von Sicherheit einstellen will.
Der kleine Einzylinder-Viertaktmotor grummelt laut, aber nicht aufdringlich hinter der schmalen Zweiersitzbank. Die Vibrationen sind im ganzen Auto zu spüren.
BMW Isetta: Tankinhalt und Verbrauch
Dank ihres geringen Gewichts von gerade einmal 370 kg ist die kleine Isetta erstaunlich «agil». Selbst die kleine Steigung bei Vechingen ist kein Problem.
Mit 13 Litern Tankinhalt und einem Testverbrauch von 4,7 Litern sind die 71 Kilometer keine Hürde für die kleine Isetta.
Schneller als 70 km/h wollte ich nicht fahren. Denn jeder Stein, jede Unebenheit oder Windböe haben grossen Einfluss auf die winzigen 10 Zoll (ca. 25 cm) Reifen.
Symbole einer anderen Zeit
Keine Frage, die Isetta ist ein Hingucker, ein Ereignis. Egal wo ich anhalte, sofort umringt mich eine Menschentraube und ist von der Ausstrahlung genauso beeindruckt wie ich.
Gross und Klein finden den Kabinenroller niedlich, ja abenteuerlich. Besondere Aufmerksamkeit zieht dabei die Fronttür mit ihrem Scheinwerfer auf sich.
Abends bei Züri Geschnetzeltem und einem guten Glas Süssmost lausche ich den Geschichten meiner Grosi Giesela. Vielleicht finde ich auch den Mut, nach Monza zu fahren, wie einst meine Tante Gerda?