E-Auto-Diktat der EU: Das Ende der deutschen Autoindustrie?
Die EU hat einen Vorschlag vorgelegt, der ab 2030 vorschreiben soll, dass grosse Unternehmensflotten ausschliesslich Elektrofahrzeuge (EVs) kaufen sollen.

Die Europäische Union plant ein weitreichendes Mandat: Ab 2030 sollen Autovermietungen und grosse Unternehmensflotten ausschliesslich Elektrofahrzeuge (EVs) erwerben. Diese Initiative ist ein Kernbestandteil der EU-Strategie zur Dekarbonisierung des Verkehrs.
Sie zielt darauf ab, den Übergang zu emissionsfreier Mobilität zu beschleunigen und die Klimaziele zu erreichen. Durch die Fokussierung auf einen Sektor mit hohem Neuwagenabsatz soll die EV-Adoption, auch auf dem Gebrauchtwagenmarkt, vorangetrieben werden.
Der Vorschlag stösst jedoch auf erhebliche Kritik, insbesondere aus Deutschland. Die Debatte verdeutlicht die Spannung zwischen dringendem Klimaschutz und wirtschaftlicher Machbarkeit.
Deutsche Bedenken und Realitätscheck
Bundeskanzler Friedrich Merz hat sich als schärfster Kritiker des EU-Plans positioniert. Er bezeichnet den Vorschlag als «realitätsfern» und potenziell «industrieschädigend» für Europas Automobilsektor.
Merz warnt vor einer Zerstörung dieser Kernindustrie und plädiert für technologische Neutralität. Er betont, dass man sich nicht ausschliesslich auf eine möglicherweise noch nicht marktreife Technologie verlassen sollte.

Deutschlands Haltung zielt darauf ab, die Wettbewerbsfähigkeit seiner Automobilindustrie zu sichern. Das Land bevorzugt einen flexibleren, marktorientierten Übergang mit verschiedenen technologischen Lösungen.
Herausforderungen für Autovermietungen
Grosse Autovermietungen wie Sixt und Hertz haben bereits Schwierigkeiten bei der Integration grosser EV-Flotten erlebt. Hohe Reparaturkosten, fehlende Ersatzteilrabatte und ein signifikanter Wertverlust sind zentrale Probleme.
Geringe Kundennachfrage und «Reichweitenangst» der Mieter beeinträchtigen die Rentabilität. Leaseurope, der Verband der europäischen Leasing- und Vermietungsunternehmen, nennt die unzureichende Ladeinfrastruktur als Haupthindernis.

Sie bemängeln zudem den Mangel an erschwinglichen und geeigneten EVs. Das Risiko sinkender Restwerte durch schnelle Technologieentwicklung und Preissenkungen durch die Hersteller ist ebenfalls eine grosse Sorge.
Druck auf Automobilhersteller
Das vorgeschlagene Mandat würde etwa 60% der Neuwagenverkäufe in der EU betreffen. Dies setzt Automobilhersteller unter erheblichen Druck, ihre EV-Produktionskapazitäten massiv zu steigern.
Ein Bericht des Centre for European Policy Studies (CEPS) und des ACEA hebt höhere EV-Produktionskosten hervor. Er zeigt auch eine starke Abhängigkeit von externen Batteriezellenlieferanten, insbesondere aus China, auf.
Eine autarke EU-Batterieindustrie würde jährliche Investitionen von rund 42 Milliarden Euro bis 2030 erfordern. Der Übergang wirkt sich zudem auf die Wertschöpfung in Europa aus.
Kritischer Engpass Ladeinfrastruktur
Die unzureichende Ladeinfrastruktur ist ein wiederkehrender und kritischer Engpass. Die aktuellen 0,65 Millionen öffentlichen Ladestationen in der EU reichen bei Weitem nicht aus.
Nur 75% der Autobahnen verfügen über Schnellladestationen alle 50 Kilometer, was Lücken auf wichtigen Routen bedeutet. Bis 2030 sind schätzungsweise 172 Milliarden Euro Investitionen in die Ladeinfrastruktur notwendig.
Administrative Hürden wie langwierige Genehmigungsverfahren behindern den Ausbau zusätzlich. Diese Situation beeinträchtigt die praktische Nutzbarkeit der EVs erheblich.
Politische Empfehlungen und Ausblick
Leaseurope fordert einen «ganzheitlichen Ansatz», der die Schaffung grundlegender Rahmenbedingungen priorisiert. Dazu gehören die Verfügbarkeit erschwinglicher Fahrzeuge, ein umfassendes Ladenetz und ein stabiler Gebrauchtwagenmarkt für EVs.
Die EU muss ambitionierte Klimaziele mit wirtschaftlicher Machbarkeit in Einklang bringen. Der mehrstufige Gesetzgebungsprozess bietet Raum für Anpassungen und Kompromisse.
Die deutsche Opposition und die Bedenken der Industrie werden den finalen Entwurf voraussichtlich massgeblich beeinflussen. Ein ausgewogener Ansatz ist entscheidend für einen erfolgreichen Übergang.