Kleiner Händler trotzt VW und importiert Elektroautos aus China
Der Elektroautomarkt boomt – allerdings nur noch in China. Der Grund dafür ist relativ simpel.
E-Autos sind in China im Vergleich zu unseren Preisen günstig. Ein VW-Händler aus Deutschland hat deshalb ein spannendes Projekt gestartet und über zwanzig ID.6 auf eigene Kosten aus China importiert.
Doch kaum sind die Wagen in Deutschland angekommen, wurde er in einen juristischen Tumult verwickelt. Erbost darüber war kein Geringerer als der Hersteller selbst – Volkswagen.
Gregory Brudny heisst der mutige Händler, der den Zorn von VW auf sich gezogen hat. Dabei beabsichtigte er lediglich, seinen Kunden die Möglichkeit zu bieten, das bisher ausschliesslich in China erhältliche Modell ID.6 zu fahren.
Die Kraft des Preisunterschieds
Warum aber sollte jemand so etwas tun? Nun, während die Durchschnittskosten für neue Elektrofahrzeuge in Europa weiter steigen, führt intensiver Wettbewerb in China zu beachtlichen Rabatten.
Zum Beispiel wurde der ID.3 dort für umgerechnet unter 20‘000 Franken verkauft. Verglichen mit den stolzen 40‘000 Franken, die er hierzulande kostet, ist das ein erheblicher Unterschied.
Bei anderen Modellen wie dem ID.7 sind ähnliche Abweichungen festzustellen: In China kostet der ID.7 umgerechnet kaum 30‘000 Franken – ebenfalls nur etwa halb so viel wie bei uns.
Vom Import zum Rechtsstreit
Nach legalem Import der Fahrzeuge sowie Durchführung einiger Modifikationen und eines Software-Updates war Brudny bereit für den deutschen Markt.
Doch als er versuchte, die Autos zum Verkauf auszuschreiben, griff VWs Rechtsabteilung ein und erwirkte eine einstweilige Verfügung gegen Brudny.
In einem nachfolgenden Urteil wurde entschieden, dass die Fahrzeuge beschlagnahmt werden sollten. VW fordert nun sogar deren Vernichtung.
Der exklusive Charme des ID.6
Noch spannender ist aber der ID.6 selbst – diesen gibt es in Europa gar nicht. Im Grunde ist er eine verlängerte Version des ID.4, mit drei Sitzreihen und Platz für bis zu sieben Personen.
Er ist also gerade für Familien attraktiv und dank des MEB-Baukastens in allen wesentlichen Baugruppen identisch mit anderen ID-Modellen.
Deshalb war laut Brudny nur in wenigen Bereichen Nacharbeit erforderlich, um den ID.6 fit für Europa zu machen. Nach einigen Anpassungen und einem Software-Update gab die deutsche Transportbehörde grünes Licht.
VW zieht die Reissleine
Als Brudny aber versuchte, die Fahrzeuge zum Verkauf anzubieten, schritt VW ein und erwirkte eine einstweilige Verfügung gegen ihn. Ein Gericht entschied später sogar zugunsten von VW – die Autos sollten beschlagnahmt und vernichtet werden.
Volkswagen hat zwar keinen Kommentar speziell zu diesem Fall abgegeben, aber auf den Unterschied zwischen chinesischen und europäischen Modellen verwiesen. Insbesondere fehle ersteren das gesetzlich vorgeschriebene automatische Notrufsystem.
Der Kampf geht weiter
Trotzdem gibt der Händler nicht auf: Er argumentiert damit, alle rechtlichen Hürden genommen zu haben und daher keine Probleme zu sehen.
Zudem könne er diese Fahrzeuge dank niedriger Produktionskosten in China konkurrenzfähig anbieten – trotz aller Kosten für Import und Umrüstung.
Brudny glaubt sogar daran, dass VW ein Exempel an ihm zu statuieren versucht, um andere Händler von ähnlichen Importen abzuhalten. Der Ausgang des Falls bleibt allerdings ungewiss.