Lada, Dacia, Polski Fiat: Westautos aus dem Ostblock
Der Ostblock modernisierte seine Autos dank West-Lizenzen. Devisen-Gewinn durch Export und massive Anpassungen. Ein Paradox des Kalten Krieges.

Die Phase der Lizenzproduktion westlicher Automobile im Ostblock in der Zeit des Kalten Krieges war ein Phänomen von herausragender sozioökonomischer und technologischer Bedeutung.

Diese Kooperationen reichten von der Sowjetunion mit Fiat (Lada) über Rumänien mit Renault (Dacia) bis hin zu Polen mit dem Polski Fiat. Sie erlaubten es den Ostblockstaaten, ihre veralteten Fahrzeugflotten zu modernisieren und gleichzeitig dringend benötigte Devisen durch Exporte zu generieren.

Im Kern waren diese Projekte der Versuch, westliche Technologie in ein System der Planwirtschaft zu integrieren.
Ökonomie des Technologietransfers
Die prominenteste dieser Unternehmungen war die Partnerschaft zwischen dem sowjetischen Regierungskonsortium und Fiat, die zur Gründung von AwtoWAS und der Produktion des Lada VAZ-2101 führte.
Das enorme Investitionsvolumen von geschätzt einer Milliarde US-Dollar sollte eine hochmoderne Produktionsstätte in der neu erbauten Stadt Toljatti schaffen. Entgegen dem weit verbreiteten Irrglauben, der Lada sei eine simple Kopie des Fiat 124, war das Fahrzeug das Ergebnis umfassender Re-Engineering-Bemühungen.

Insgesamt wurden über 800 Modifikationen vorgenommen, um das Fahrzeug an die harten russischen Bedingungen anzupassen. Dazu zählten ein neues Nockenwellentriebwerk zur besseren Verarbeitung schlechterer Kraftstoffe, eine aus dickerem Stahl gefertigte und verstärkte Karosserie sowie der Austausch der hinteren Scheibenbremsen durch robustere Trommelbremsen.
Auch Fiat profitierte
Fiat übernahm die von sowjetischen Ingenieuren entwickelten Verbesserungen an der Karosserie stillschweigend für die letzten Produktionsjahre des Fiat 124, intern als «124R» (für «Russian») bezeichnet.

Die Exportstrategie spielte eine zentrale Rolle für alle Lizenzprojekte. Zwischen 40 und 60 Prozent aller in den 1970er und 1980er Jahren produzierten Ladas wurden ausserhalb der UdSSR verkauft. Diese Verkäufe waren eine existenzielle Quelle für Deviseneinnahmen, welche die sowjetische Wirtschaft zur Finanzierung benötigte.
Dieses ökonomische Diktat führte zu einem tiefgreifenden Paradoxon: Um Devisen zu maximieren, wurden Ladas an westliche Käufer zu einem Preis verkauft, der weniger als die Hälfte dessen betrug, was die eigenen Bürger in der Sowjetunion bezahlen mussten. Der Binnenmarkt subventionierte somit effektiv die Exporte.
Rückständigkeit & Abstieg
Trotz Kritik an der Qualitätskontrolle fand der Lada im Westen eine Nische als «der billigste Neuwagen, den man kaufen konnte». Er war geschätzt für seine einfache, robuste Bauweise und seine Fähigkeit, auch bei strengstem Frost zu starten.

Die Lizenzen waren jedoch von einer fundamentalen Spannung geprägt: der Notwendigkeit der Modernisierung vs. der Tendenz zur Stagnation. Die Modelle wurden über Jahrzehnte hinweg kaum weiterentwickelt. Der VAZ-2101 wurde bis 1982, und der Dacia 1300/1310 sogar bis 2004, ohne wesentliche Sicherheitsfeatures produziert.

Diese anhaltende technologische Rückständigkeit führte letztlich dazu, dass die Modelle die strengeren Abgasnormen im Westen nicht mehr erfüllten und die Exporte eingestellt werden mussten. Während diese Fahrzeuge in ihren Heimatländern Symbole für Modernität und persönlichen Aufstieg waren, wurden sie im Westen oft belächelt.