Mobility Pricing: Die Suche nach dem Weg aus dem Stau
Das Konzept des Mobility Pricings soll die Verkehrsnachfrage gezielt steuern. Es ist in der Schweiz jedoch politisch und rechtlich höchst umstritten.

Jeden Morgen staut sich der Verkehr auf den Zufahrtsstrassen nach Zürich, Bern oder Lausanne. Pendler verlieren im dichten Kolonnenverkehr wertvolle Lebenszeit.
Diese Staus kosten die Volkswirtschaft jährlich Milliarden Franken. Gleichzeitig belastet der motorisierte Individualverkehr die Umwelt erheblich.
Das Konzept des «Mobility Pricings» verspricht hier Abhilfe. Die zentrale Idee: Wer Strassen zu Spitzenzeiten oder an sensiblen Orten nutzt, bezahlt dafür eine Gebühr.
Was bedeutet Mobility Pricing konkret?
Anders als die Autobahnvignette ist Mobility Pricing kein Pauschalbetrag. Die Höhe der Gebühr richtet sich dynamisch nach Ort, Zeit und teilweise auch nach den gefahrenen Kilometern.
Eine Fahrt ins Stadtzentrum während der morgendlichen Stosszeit kostet demnach mehr. Fahrten auf dem Land oder in der Nacht wären günstiger oder blieben kostenfrei.
Das System soll finanzielle Anreize schaffen, um auf Randzeiten oder den öffentlichen Verkehr auszuweichen. Damit soll der Verkehr besser über den Tag verteilt und die Infrastruktur effizienter genutzt werden.
Die grosse Hürde der Bundesverfassung
Der Widerstand gegen das Konzept ist fundamental. Kritiker verweisen auf Artikel 82 der Bundesverfassung.

Dieser Artikel hält fest, dass die Nutzung der öffentlichen Strassen grundsätzlich gebührenfrei ist, von Ausnahmen wie der Vignette abgesehen. Eine flächendeckende Einführung des Mobility Pricings würde daher eine Anpassung der Bundesverfassung oder zumindest eine neue Gesetzesgrundlage erfordern.
Der Bund prüft daher vorerst die Möglichkeit von zeitlich und räumlich begrenzten Pilotversuchen.
Streitpunkt soziale Gerechtigkeit
Befürworter erhoffen sich eine deutliche Reduktion der Stauzeiten und der Umweltbelastung. Weniger Stau bedeutet volkswirtschaftlich weniger Zeitverlust und tiefere Transportkosten.
Grosse Verkehrsverbände wie der Touring Club Schweiz (TCS) warnen hingegen eindringlich vor einer sozialen Schieflage. Sie bezeichnen die Pläne als «Strafsteuer» für Pendler, die auf das Auto angewiesen sind.

Besonders Menschen mit tieferen Einkommen oder Personen in ländlichen Regionen ohne gute ÖV-Anbindung wären die Leidtragenden.
Der Weg über Pilotversuche
Der Bundesrat möchte die Wirkung und Akzeptanz von Mobility Pricing nun praktisch erproben. Er hat dem Parlament eine gesetzliche Grundlage für die Durchführung von Pilotprojekten vorgelegt.
Diese Tests sollen klären, ob das System den Verkehr tatsächlich wie gewünscht lenken kann. Sie sollen auch untersuchen, wie die Einnahmen fair an die Bevölkerung zurückverteilt werden könnten, etwa durch eine Senkung anderer Abgaben.
Die politische Debatte über diese Versuche steht aber erst am Anfang.














