NSU Ro 80: Pionier mit Ecken und Kanten
Er war seiner Zeit weit voraus und doch von Anfang an umstritten: Sein futuristisches Design und der innovative Wankelmotor machten ihn zum markanten Pionier.

Der NSU Ro 80, produziert von 1967 bis 1977, war mehr als nur ein Auto. Er war ein Statement für technischen Fortschritt und unkonventionelles Design.
Seine aerodynamische Linienführung, mit einem cW-Wert von 0.355, setzte Massstäbe. Doch seine wahre Revolution lag unter dem Blech – im Wankelmotor.
Die Evolution des Wankelmotors im Ro 80
NSU war Vorreiter in der Entwicklung des Kreiskolbenmotors nach dem System Felix Wankel. Der im Ro 80 eingesetzte KKM 612 war ein Zweischeibenmotor.

Jede Kammer hatte ein Arbeitsvolumen von 497.5 cm³. Dies ergab ein theoretisches Gesamtvolumen von knapp einem Liter.
Aufgrund der spezifischen Charakteristik des Wankelmotors wurde seine Leistung oft mit der eines konventionellen 2-Liter-Viertaktmotors verglichen.
Detaillierte technische Daten des NSU Ro 80 (ca. 1973)
Motortyp: Kreiskolbenmotor (Wankel), KKM 612
Anzahl der Rotoren: 2
Kammervolumen: 2 x 497.5 cm³
Verdichtung: 9.0:1
Gemischaufbereitung: Doppelregistervergaser Solex 32/35 DIDAT
Maximale Leistung: 85 kW (115 PS) bei 5'500 U/min
Maximales Drehmoment: 162 Nm bei 4'500 U/min
Kraftübertragung: Vorderradantrieb
Getriebe: 3-Gang Halbautomatik (Ro 80 L mit 4-Gang-Schaltgetriebe ab 1975)
Fahrwerk vorne: Einzelradaufhängung, MacPherson-Federbeine
Fahrwerk hinten: Starrachse, Längslenker, Panhardstab
Bremsen: Innenbelüftete Scheibenbremsen vorne und hinten
Leergewicht: ca. 1'210 kg
Höchstgeschwindigkeit: ca. 180 km/h
Beschleunigung (0-100 km/h): ca. 14 Sekunden
Kraftstoffverbrauch (Werksangabe): 12.8 Liter Superbenzin/100 km (real oft höher)
Technische Finessen und Komfortmerkmale
Neben dem revolutionären Motor bot der Ro 80 weitere technische Highlights. Die serienmässigen Scheibenbremsen an allen vier Rädern sorgten für eine gute Verzögerung.

Die Servolenkung trug zum Fahrkomfort bei. Optional waren Leichtmetallräder erhältlich, die das moderne Erscheinungsbild unterstrichen.
Im Innenraum überzeugte der Ro 80 mit grosszügigen Platzverhältnissen und bequemen Sitzen, die auch längere Fahrten angenehm machten.
Die Achillesferse: Zuverlässigkeit und Verbrauch
Trotz seiner Innovationskraft kämpfte der Ro 80 mit erheblichen Problemen. Die frühen Wankelmotoren neigten zu hohem Verschleiss der Dichtleisten. Dies führte zu häufigen und kostspieligen Reparaturen.
Der Ruf der Unzuverlässigkeit schreckte viele potenzielle Käufer ab. Hinzu kam ein für damalige Verhältnisse hoher Treibstoffverbrauch, der in der Ölkrise der 1970er-Jahre zusätzlich negativ ins Gewicht fiel.
Modellpflege und späte Varianten
Im Laufe seiner Produktionszeit erfuhr der Ro 80 einige Modellpflegemassnahmen. Optische Retuschen und technische Verbesserungen sollten die Attraktivität steigern.

Ab 1975 war das Modell Ro 80 L optional mit einem 4-Gang-Schaltgetriebe anstelle der serienmässigen Halbautomatik erhältlich. Dies sollte den Kraftstoffverbrauch senken und das Fahrgefühl sportlicher gestalten.
Das Erbe des Ro 80
Obwohl der NSU Ro 80 kommerziell kein Erfolg war und zum Ende der Marke NSU führte (die in Audi aufging), ist seine Bedeutung für die Automobilgeschichte unbestreitbar. Viele seiner technischen Detaillösungen waren ihrer Zeit voraus.

Heute ist der NSU Ro 80 ein gesuchter Klassiker und ein faszinierendes Beispiel für einen revolutionären Ansatz im Automobilbau, der letztendlich an seiner mangelnden Zuverlässigkeit scheiterte. Sein avantgardistisches Design und der unkonventionelle Antrieb machen ihn zu einem einzigartigen Kapitel in der Geschichte des Automobils.