Xiaomi: Ambitionen eines Tech-Riesen in Europa
Xiaomis Reise von einem der weltweit führenden Anbieter von Unterhaltungselektronik zu einem ernstzunehmenden Akteur in der Automobilindustrie beispiellos.

Der offizielle Einstieg von Xiaomi in den EV-Sektor wurde im März 2021 bekannt gegeben. Seitdem hat das Unternehmen in seinem Heimatmarkt China eine bemerkenswerte Erfolgsgeschichte hingelegt.
In weniger als zwei Jahren entwickelte sich die Automobilsparte von einem ambitionierten Projekt zu einem ausgewachsenen Fahrzeughersteller mit einer stetig wachsenden Fangemeinde.
Das Unternehmen hat sich schnell als ernsthafter Konkurrent etabliert, der nicht nur Tesla, sondern auch anderen chinesischen Herstellern wie BYD Marktanteile abnimmt. Diese Dynamik wird durch beeindruckende Absatzzahlen untermauert.
Forschungs- und Entwicklungszentrum in München
Die Wahl des Standorts für Xiaomis erstes europäisches Forschungs- und Entwicklungszentrum ist kein Zufall. Die Ansiedlung in München, im Herzen der deutschen Automobilindustrie und in unmittelbarer Nähe zum Hauptsitz von BMW, ist eine bewusste Entscheidung.
Obwohl das Zentrum mit weniger als 50 Mitarbeitenden als kompakte Elite-Einheit beschrieben wird, ist seine Funktion von zentraler Bedeutung. Die Hauptaufgaben umfassen die Weiterentwicklung und Feinabstimmung der Fahrzeuge für europäische Strassenbedingungen.

Die Bedeutung dieses Schrittes wird durch die prominente Rekrutierung von erfahrenen Fachkräften aus der europäischen Automobilbranche weiter unterstrichen. Zu den Schlüsselfiguren gehören Rudolf Dittrich, ein Veteran mit Erfahrung bei BMW und in der Formel 1 bei den Teams Williams und Sauber, sowie Ricard Aiguabella Macau, ein Aerodynamikexperte von Ferrari.
Produktstrategie für den europäischen Markt
Die anfängliche Modellpalette für Europa wird voraussichtlich aus dem SU7, einer viertürigen Limousine, und dem YU7, einem SUV, bestehen.
Xiaomi SU7 (Basis): Diese Version mit Hinterradantrieb wird von einem 220 kW-Motor angetrieben, der ein Drehmoment von 400 Nm liefert. Die Beschleunigung von 0 auf 100 km/h dauert 5.28 Sekunden, die Höchstgeschwindigkeit liegt bei 210 km/h. Die 73,6 kWh fassende LFP-Batterie ermöglicht eine Reichweite von etwa 450 km.

Xiaomi SU7 Max: Als Allrad-Variante mit zwei Motoren bietet dieses Modell 495 kW Leistung und beschleunigt in beeindruckenden 2.78 Sekunden von 0 auf 100 km/h. Die 101 kWh NMC-Batterie, die von CATL in Cell-to-Pack-Bauweise geliefert wird, unterstützt eine 800-Volt-Architektur für ultraschnelles Laden.
Xiaomi SU7 Ultra: Dieses Flaggschiff ist das Herzstück der Performance-Strategie. Ausgestattet mit einem Tri-Motor-System, leistet es bis zu 1.548 PS und beschleunigt in nur 1.98 Sekunden von 0 auf 100 km/h. Die Höchstgeschwindigkeit ist mit 350 km/h angegeben.
Xiaomi YU7: Das SUV-Modell ist ebenfalls in drei Versionen erhältlich und ist mit Allradantrieb ausgestattet, der eine maximale Leistung von 690 PS erreicht. Xiaomi entwickelt ausserdem eine dritte Fahrzeugvariante, den YU9, einen grossen SUV mit Range-Extender-Antriebsstrang, der einen 1,5-Liter-Turbomotor und zwei Elektromotoren kombiniert.
Markteintritt und Vertrieb
Die strategische Ausrichtung von Xiaomi in Europa ist noch in der Erforschungs- und Vorbereitungsphase. Der Markteintritt in einem so komplexen und stark regulierten Markt wie Europa ist mit erheblichen logistischen und infrastrukturellen Herausforderungen verbunden.
Inzwischen bestätigte der Konzern, dass er ab 2027 ein E-Auto in Europa anbieten werde. Xiaomis Markteintritt in Europa erfolgt dabei in einem stark umkämpftem Umfeld.

Der Hauptkonkurrent ist Tesla, der den Markt für vollelektrische Fahrzeuge seit Langem dominiert. BYD hat sich jedoch in den letzten Jahren als eine der grössten Bedrohungen für Tesla etabliert.
Wettbewerbslandschaft und regulatorische Herausforderungen
Xiaomi positioniert sich direkt gegen diese beiden Marktführer, was durch die Verkaufszahlen in China untermauert wird. Analysten von Morgan Stanley stellen fest, dass Tesla hinter den chinesischen Unternehmen zurückfällt, die es einst inspiriert hat.
Mit dem SU7, der in China das Model 3 im Verkauf übertroffen hat, hat Xiaomi seine Wettbewerbsfähigkeit bereits unter Beweis gestellt. Eine der grössten Unwägbarkeiten für Xiaomis europäische Ambitionen sind die Handelsbarrieren und regulatorischen Massnahmen.
Die Europäische Union hat «Ausgleichszölle» auf chinesische Elektrofahrzeuge verhängt, um unfaire Subventionen zu kompensieren, die chinesische Hersteller angeblich erhalten. Während für einige Unternehmen wie BYD und SAIC spezifische Zollsätze festgelegt wurden, könnten andere kooperierende Unternehmen mit einem Zollsatz von 20.7 % belegt werden.