Reifen-DNA: Wie Grösse und Typ das Fahrgefühl prägen
Die Grösse und der Typ deiner Pneus sind nicht nur Zahlen und Bezeichnungen – sie sind der Schlüssel zu Grip, Komfort und Kontrolle.

Reifen sind das einzige Bindeglied zwischen einem Fahrzeug und der Fahrbahn. Somit spielen sie eine fundamentale Rolle für die Fahrsicherheit, die Fahrdynamik und den Fahrkomfort.
Die Wahl der Bereifung beeinflusst das Fahrverhalten eines Automobils massgeblich. Angesichts der steigenden Komplexität moderner Fahrzeuge, beispielsweise durch Fahrerassistenzsysteme, werden immer höhere Anforderungen an die Präzision und Leistungsfähigkeit der Reifen gestellt.
Diese Systeme sind auf korrekte und präzise Informationen über das Radverhalten, wie Drehzahl und Schlupf, angewiesen. Eine unpassende Reifengrösse oder ein ungeeigneter Reifentyp kann die Kalibrierung und somit die Funktion dieser sicherheitsrelevanten Systeme empfindlich stören.
EU-Reifenlabel: Eine erste Orientierungshilfe
Seit 2012 (und überarbeitet im Mai 2021) müssen Neureifen in der EU mit einem standardisierten Label versehen sein, das Verbrauchern eine erste Einschätzung bestimmter Reifeneigenschaften ermöglichen soll.
Rollwiderstand (Kraftstoffeffizienz): Bewertet in den Klassen A (höchste Effizienz) bis E (niedrigste Effizienz). Ein Reifen der Klasse A kann im Vergleich zu einem Reifen der Klasse E eine Kraftstoffersparnis von etwa 0,5 Litern pro 100 km ermöglichen. Da die meisten Reifen in den Klassen B und C liegen, ist das reale Einsparpotenzial oft geringer.

Nasshaftung (Bremsleistung bei Nässe): Ebenfalls in Klassen A bis E eingeteilt. Der Unterschied im Bremsweg bei einer Vollbremsung aus 80 km/h auf nasser Fahrbahn kann zwischen einem Reifen der Klasse A und einem der Klasse E bis zu 18 Meter betragen. Dies ist ein direkt sicherheitsrelevantes Kriterium.
Externes Rollgeräusch: Angegeben als absoluter Wert in Dezibel (dB(A)) und zusätzlich in den Klassen A (leise), B oder C (lauter). Dieses Kriterium bezieht sich auf das Aussengeräusch und dient primär dem Umweltschutz. Es gibt keinen direkten Rückschluss auf das Innengeräusch im Fahrzeug.
Schnell & einfach: Abruf von Informationen
Wintertauglichkeitssymbole: Das Label zeigt auch Piktogramme für die Schneegriffigkeit (das bekannte Alpine-Symbol/3PMSF) und optional ein Symbol für die Eisgriffigkeit, falls der Reifen die entsprechenden Tests bestanden hat.

QR-Code: Ein QR-Code auf dem Label führt direkt zur Produktdatenbank der Europäischen Kommission (EPREL), wo detailliertere Informationen des Herstellers hinterlegt sind.
Die Dimensionen eines Reifens – seine Breite, sein Querschnittsverhältnis und der damit verbundene Felgendurchmesser – haben einen erheblichen Einfluss auf die Fahreigenschaften eines Fahrzeugs. Diese Parameter beeinflussen nicht nur die Optik, sondern vor allem Grip, Handling, Komfort und Sicherheit.
Reifenbreite: Positive Auswirkungen breiterer Reifen
Die Reifenbreite, also die erste Zahl in der Reifenkennzeichnung (z.B. 225/45 R17), ist ein oft diskutierter Faktor, der sowohl Vor- als auch Nachteile mit sich bringt. Breitere Reifen bieten in der Regel eine grössere Aufstandsfläche auf der Strasse.
Dies führt auf trockener Fahrbahn zu einer besseren Haftung (Grip) und somit zu kürzeren Bremswegen. Ein ADAC-Test verdeutlicht dies: 195 mm breite Reifen benötigten für eine Bremsung aus 100 km/h durchschnittlich 38,8 Meter, während 225 mm breite Reifen bereits nach 36,7 Metern zum Stehen kamen – ein Unterschied von rund zwei Metern.

Auch das Handling und die Kurvenstabilität auf trockener Strasse verbessern sich spürbar, da breitere Reifen mit oft steiferen Karkassen höhere Seitenführungskräfte übertragen können. Unter optimalen Bedingungen kann ein breiterer Reifen geringeren Verschleiss aufweisen, da der Bodendruck besser verteilt wird und der Reifen weniger Walkarbeit leisten muss.
Reifenbreite: Negative Auswirkungen breiterer Reifen
Auf nasser Fahrbahn dominieren breitere Reifen zwar ebenfalls, solange die Mikroverzahnung des Gummis mit der Strasse greift, doch mit jedem Zentimeter mehr Breite muss auch mehr Wasser verdrängt werden. Dies führt dazu, dass breitere Reifen bei Aquaplaning-Gefahr tendenziell früher aufschwimmen als schmalere Modelle.
Tests haben gezeigt, dass mit schmalen Reifen auf gerader Strecke Geschwindigkeiten von über 10 km/h mehr gefahren werden können, bevor das Fahrzeug den Kontakt zur Fahrbahn verliert. Ein weiterer Nachteil ist der tendenziell höhere Rollwiderstand, der zu einem erhöhten Kraftstoffverbrauch führen kann.
Dies ist bedingt durch das höhere Gewicht breiterer Reifen und einen grösseren Luftwiderstand. Eine Zunahme der Reifenbreite um 30 Millimeter kann den Luftwiderstand um etwa sechs Prozent erhöhen.
Wie sollten Sie entscheiden?
Die optimale Reifenbreite ist stark vom jeweiligen Fahrzeugkonzept und dem primären Einsatzzweck abhängig. Ein auf hohe Fahrleistungen ausgelegtes, sportliches Fahrzeug profitiert in der Regel von den Vorteilen breiterer Reifen auf trockener Strecke.

Für ein primär auf Effizienz ausgelegtes Fahrzeug können schmalere Reifen die sinnvollere Wahl sein, da hier die Vorteile wie geringerer Verbrauch und günstigerer Preis überwiegen. Der Trend zu immer breiteren Reifen, auch bei Standardfahrzeugen, ist oft mehr von ästhetischen Überlegungen als von technischen Notwendigkeiten getrieben.
Eine Wahl «möglichst breiter» Reifen, ohne Berücksichtigung des Fahrzeugtyps und der üblichen Einsatzbedingungen ist nicht empfehlenswert. Sie kann zu einer Verschlechterung des Fahrverhaltens, insbesondere bei Nässe, und zu unnötig hohen Betriebskosten führen.