Geelys Aufstieg: die globale Autoindustrie neu gestaltet

Maia Schmied
Maia Schmied

Der chinesische Konzern Geely erobert den Autmobilmarkt derzeit wie kaum eine andere Marke. Dabei setzt er auf ein cleveres Geschäftsmodell.

Geely Hauptsitz
Geely Hauptsitz: Lange dominierten westliche Autohersteller den Markt, doch der chinesische Konzern Geely hat diesen Trend umgekehrt. - MNXANL

Für Jahrzehnte wurde die globale Automobilindustrie von einer überschaubaren Gruppe von Akteuren aus Europa, den Vereinigten Staaten und Japan dominiert. Fusionen und Übernahmen über Kontinente hinweg waren üblich, doch der Kapitalfluss verlief überwiegend von West nach Ost.

Der Aufstieg Chinas zu einer globalen Wirtschaftsmacht hat diesen Trend grundlegend umgekehrt. Geely hat sich durch strategische Akquisitionen und Partnerschaften zu einem der führenden chinesischen Investoren in der europäischen Automobilbranche entwickelt.

Geelys Ansatz ist dabei von einer bemerkenswerten Flexibilität und langfristigen Vision geprägt, die weit über den blossen Kauf von Unternehmen hinausgeht.

Volvo Cars: Die Blaupause für eine erfolgreiche Übernahme

Im März 2010 erwarb die Zhejiang Geely Holding Group den schwedischen Automobilhersteller Volvo Cars von Ford. Zu diesem Zeitpunkt war Volvo ein unprofitables Unternehmen, und die Übernahme galt für das damals relativ unbekannte chinesische Unternehmen als ein beträchtliches Risiko.

Volvo EM90
Skandinavisches Design: Der EM90 erscheint minimalistisch und elegant, typisch für Volvo eben. - Volvo

Der Erwerb eines kriselnden, aber prestigeträchtigen europäischen Unternehmens durch einen chinesischen Konzern, der ursprünglich für preisgünstige Autos bekannt war, schien zunächst eine ungleiche Partnerschaft zu sein.

Der Erfolg offenbarte jedoch ein hochentwickeltes, symbiotisches Geschäftsmodell. Geely, dem es an Markenbekanntheit und fortschrittlicher Technologie mangelte, nutzte Volvos Erbe und Forschungskapazitäten, um seine eigenen Fähigkeiten zu beschleunigen. Umgekehrt erhielt Volvo, das unter Ford mangels Kapital litt, einen finanzstarken Partner und sofortigen Zugang zum riesigen chinesischen Markt.  

Polestar, Lotus und Lynk & Co.

Unter Geelys Regie wurde Polestar zu einer eigenständigen, performanceorientierten Elektrofahrzeugmarke. Zudem erwarb Geely 2017 eine Mehrheitsbeteiligung an der britischen Sportwagenmarke Lotus.

Polestar 6
Polestar 6: Er wurde entwickelt, um die Design-, Technologie- und Nachhaltigkeitsambitionen von Polestar zu präsentieren. - Polestar

Dieser Schritt ist Teil einer breiteren Strategie, das Portfolio in Nischen- und Hochleistungssegmente zu diversifizieren und Geelys Position als globaler Mehrmarkenkonzern zu stärken.  

Der Besitz mehrerer europäischer Marken (Volvo, Polestar, Lotus) ist kein Zufall, sondern das Ergebnis einer strategischen Anstrengung, ein Mehrmarken-Ökosystem zu schaffen. Durch die Entwicklung einer gemeinsamen modularen Architektur, die sich an verschiedene Marken und Fahrzeugtypen anpassen lässt, erzielt Geely enorme Skaleneffekte.

Strategische Partnerschaften

Ein weniger offensichtlicher, aber bedeutsamer Schritt war Geelys 50/50-Joint-Venture mit Mercedes-Benz für die Marke Smart. Die neuen elektrischen Smart-Modelle werden nun in China auf Geelys Sustainable Experience Architecture (SEA)-Plattform gebaut.

Smart #5
Smart #5: Zum Start gibt es fünf Ausstattungslinien: Pro, Pro+, Premium, Pulse und eine limitierte Summit Edition, die auf Outdoor-Abenteuer ausgerichtet ist. - Smart

Darüber hinaus hält Geely seit 2018 eine 9.7-prozentige Beteiligung am Mutterkonzern, der Mercedes-Benz Group AG. Dabei handelt es sich um eine bedeutende, nicht-kontrollierende Beteiligung, die Einfluss und Zugang ohne die Friktionen einer vollständigen Übernahme ermöglicht.  

Geelys Beziehungen zu Mercedes-Benz und Renault zeigen einen flexibleren und raffinierteren Ansatz. Durch das Anbieten seiner hochmodernen Elektrofahrzeug-Plattformen (wie SEA) in einem Joint-Venture profitiert Geely vom Markenprestige und der Markterschliessung des Partners, während es gleichzeitig seine eigene Technologie verbreitet.

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