Nachkriegs-Thriller: Die Jagd nach dem Typ D
Vom Hochgeschwindigkeits-Prototyp zur Kriegsbeute: Die Geschichte des Auto Union Typ D Stromlinie. Ein visionärer Rennwagen, der bis heute verschollen ist.

Die Ära der Silberpfeile in den 1930er-Jahren war geprägt vom technologischen Wettrüsten zwischen Mercedes-Benz und der Auto Union. Im Schatten der siegreichen Grand-Prix-Wagen wie dem Auto Union Typ D entwickelte das sächsische Konsortium ein noch radikaleres Konzept für Hochgeschwindigkeitsrennen: den Auto Union Typ D Stromlinie von 1938.
Dieses Fahrzeug war ein technisches Meisterwerk, entworfen, um Geschwindigkeitsrekorde zu pulverisieren und die Grenzen der Aerodynamik neu zu definieren. Seine Karosserie umschloss die Räder fast vollständig, minimierte den Luftwiderstand und versprach Geschwindigkeiten jenseits der 400 km/h-Marke.
Dieser Prototyp verkörperte den Höhepunkt der Ingenieurskunst seiner Zeit und den unbedingten Willen, die Motorsportwelt zu dominieren.
Verschollen im Kriegswirbel
Trotz seines enormen Potenzials und der vielversprechenden Testergebnisse kam der Typ D Stromlinie kaum zum Einsatz. Der Ausbruch des Zweiten Weltkriegs im September 1939 beendete die goldene Ära des Grand-Prix-Sports abrupt.

Die Fabriken der Auto Union in Sachsen wurden auf Kriegsproduktion umgestellt, und die Rennwagen, darunter wohl auch der einzigartige Stromlinien-Prototyp, wurden eingelagert. Nach Kriegsende geriet das Gebiet unter sowjetische Besatzung.
Die Sieger des Krieges betrachteten die hochmoderne deutsche Technologie als wertvolle Reparationsleistung. Fast der gesamte Bestand der Auto Union Rennwagen, einschliesslich der Typ D-Modelle, wurde demontiert und in die UdSSR abtransportiert. Dort verloren sich die Spuren der meisten dieser Fahrzeuge, die in den Weiten des russischen Reiches als verloren galten.
Die Detektivgeschichte des Kalten Krieges
Jahrzehntelang, während des Kalten Krieges und der Teilung Europas, galten die Silberpfeile der Auto Union als unwiederbringlich verschollen. Doch Ende der 1970er-Jahre sickerten erste Gerüchte über verbliebene Wrackteile durch den Eisernen Vorhang in den Westen.
Der amerikanische Sammler und Enthusiast Paul Karassik, gebürtiger Russe, nahm diese Gerüchte als Ausgangspunkt für eine jahrzehntelange Recherche. Mit enormem Aufwand, zahlreichen Reisen in die Sowjetunion und Verhandlungen mit den dortigen Behörden und Privatpersonen, spürte er schliesslich die Überreste von zwei Auto Union Typ D-Rennwagen auf.
Die Heimkehr und das fehlende Glied
Karassik erwarb die zerlegten Teile und liess die Fahrzeuge von britischen Spezialisten unter Verwendung von Originalplänen und -teilen aufwendig restaurieren. Einer dieser Wagen, ein Typ D mit Doppelkompressor von 1939, fand schliesslich den Weg zurück zur Audi AG (als Nachfolger der Auto Union). Dort ist er heute Teil der historischen Sammlung.
Dennoch bleibt das Schicksal des spezifischen Typ D Stromlinie von 1938 – des technologisch visionärsten Prototypen – bis heute weitgehend ungeklärt. Es existieren zwar detaillierte Zeichnungen und zeitgenössische Berichte, doch der Wagen selbst sowie identifizierbare Originalteile seiner Stromlinienkarosserie sind verschollen.
Seine Baupläne und Versuchsberichte, die den enormen Vorsprung belegen, bleiben die einzigen greifbaren Beweise für diese vergessene technologische Avantgarde.