Elektromobilität - zwischen Euphorie und Ernüchterung

Daniel Huber
Daniel Huber

Am 04.12.2024 - 06:10

Elektroautos: Hype oder Hoffnungsträger? Die Elektromobilität verspricht saubere Luft und leise Strassen. Doch die Realität ist komplexer.

Studie VW ID2all
E-Auto für alle: Bringt VW die Elektromobilität auf's nächste Level? - Volkswagen

Elektroautos sind in aller Munde und gelten als heisser Kandidat für die Mobilität der Zukunft. Doch hinter dem glänzenden Lack und dem Image des fortschrittlichen Pioniers verbergen sich auch einige Herausforderungen.

Ladesäule
Zukunftskonzept oder Zwischenlösung? - Pixabay

Taugen Elektroautos wirklich als Allheilmittel für unsere Verkehrsprobleme? Oder handelt es sich um einen kurzlebigeren Trend, der die Komplexität der Thematik nicht vollständig erfasst?

Ein kritischer Blick hinter die Kulissen der Elektromobilität ist notwendig, um die Chancen und Risiken realistisch einzuschätzen.

Umweltbilanz: Grau statt Grün?

Elektroautos stossen lokal keine Abgase aus, das ist unbestritten ein grosser Pluspunkt. Doch bei der Betrachtung der gesamten Umweltbilanz muss der gesamte Lebenszyklus berücksichtigt werden.

Die Produktion der Batterien ist äusserst energieintensiv und benötigt grosse Mengen an seltenen Rohstoffen, deren Abbau oft mit gravierenden Umweltbelastungen verbunden ist. Zudem ist der Strommix entscheidend: Nur wenn das Elektroauto mit Strom aus erneuerbaren Energien betrieben wird, fährt es wirklich sauber.

Stromeinspeisung Statistik
Deutschland: Stromeinspeisung durch konventionelle und erneuerbare Energieträger. - Statistisches Bundesamt (Destatis)

Der Strommix in der Schweiz stammt zu rund 80 % aus erneuerbaren Energien, ca. 19% stammten aus Kernenergie und gut 2% aus Abfällen (Biogas) und fossilen Energieträgern. Schauen wir aber auf Europa oder die Welt, dann fällt die Umweltbilanz deutlich differenziert aus.

Reichweitenangst: Der Alptraum des Elektroautofahrers

Die Reichweite von Elektroautos ist in den letzten Jahren zwar deutlich gestiegen, aber noch immer begrenzt. Lange Strecken erfordern genaue Planung und regelmässige Ladepausen.

Mercedes Benz EQS
Reichweiten-König mit 690 km: Der Mercedes Benz EQS. - Mercedes Benz

Spontane Abstecher oder ungeplante Umwege können da schnell zur Herausforderung werden. Die sogenannte «Reichweitenangst» ist für viele Autofahrer noch immer ein reales Problem und bremst die Akzeptanz der Elektromobilität.

Die Reichweite unterscheiden sich dabei sehr. So erreicht der Fiat 500 Cabrio 24 kWh unter optimalen Bedingungen gerade einmal 135 Kilometer.

Ladeinfrastruktur: Lückenhaftes Netz in der Schweiz

Die Ladeinfrastruktur in der Schweiz ist noch immer lückenhaft. Ladesäulen sind oft belegt oder schwer zu finden, insbesondere in ländlichen Gebieten.

chargemap
Anbieter wie chargemap.com zeigen Ladestationen in Ihrer Nähe, sortiert nach Ladeleistung und Verfügbarkeit an. - Chargemap.com (Screenshot)

Lange Wartezeiten an überfüllten Ladestationen können den Fahrspass trüben und die Praktikabilität von Elektroautos im Alltag einschränken. Der Ausbau der Ladeinfrastruktur ist eine wichtige Voraussetzung für den Erfolg der Elektromobilität.

Kosten: Anschaffung teuer, Unterhalt günstig

Elektroautos sind in der Anschaffung deutlich teurer als vergleichbare Benziner oder Dieselfahrzeuge. Die hohen Anschaffungskosten stellen für viele potenzielle Käufer eine erhebliche Hürde dar.

Die Betriebskosten sind jedoch deutlich tiefer. Strom ist günstiger als Benzin oder Diesel und die Wartungskosten sind geringer. Langfristig kann sich ein Elektroauto also durchaus lohnen.

Aber genau diese «Langfristigkeit» schreckt viele potenzielle Käufer noch ab, da es zu wenige flächendeckende Erfahrungen gibt. Entscheidend für die Kalkulation sind dabei nicht die Anschaffungskosten allein, sondern der anrechenbare Preis je Kilometer

Die Batterie: Herzstück und Knackpunkt

Die Batterie ist das Herzstück des Elektroautos, aber auch sein Knackpunkt. Denn die Lebensdauer der Batterie ist begrenzt und der Austausch ist teuer.

Zudem ist das Recycling von Batterien eine Herausforderung. Die Entwicklung leistungsfähigerer und langlebigerer Batterien ist entscheidend für die Zukunft der Elektromobilität.

Eine weitere Herausforderung sind die benötigten Rohstoffe, die Vorkommen und Abhängigkeiten weltweit.

Aktive Materialien: wie Lithium, Kobalt, Nickel und Graphit

Inaktive Materialien: wie Kupfer, Aluminium und Kunststoffe

Elektromobilität: Nur ein Teil der Lösung

Elektroautos allein werden unsere Verkehrsprobleme nicht lösen. Es braucht einen Mix aus verschiedenen Massnahmen: Förderung des öffentlichen Verkehrs, Veloförderung, Sharing-Angebote und eine intelligente Verkehrssteuerung.

Elektromobilität ist ein wichtiger Teil des Puzzles, aber nicht das ganze Bild. Es ist wichtig, dass die Politik Rahmenbedingungen setzt und ergebnisoffen bleibt.

Mit realistischen Erwartungen in die elektrische Zukunft

Elektroautos bieten viele Vorteile: Sie sind leise, sparsam und können bei Verwendung von Ökostrom einen wichtigen Beitrag zum Klimaschutz leisten.

Doch es gibt auch Herausforderungen: begrenzte Reichweite, lückenhafte Ladeinfrastruktur, hohe Anschaffungskosten und die Problematik der Batterieproduktion und -entsorgung.

Ohne Zweifel ist die Elektromobilität auf dem Vormarsch. Dennoch sollten die Augen vor den Schattenseiten nicht zu verschliessen und mit realistischen Erwartungen in die mobile Zukunft blicken.

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