Teilrückzieher: Mercedes will weiter in Verbrenner investieren
Was ist da eigentlich bei Mercedes los? Trotz Bekenntnis zur Elektroauto-Wende gibt es Widersprüchliches aus der Stuttgarter Zentrale zu hören.
Eigentlich stand für Mercedes die Umstellung auf «Electro Only» längst fest. Erst kürzlich bestätigte Entwicklungschef Markus Schäfer, laut ntv, dass es keinen nennenswerten Bedarf gäbe, «in Verbrenner zu investieren».
Ist das ein Beschwichtigungsversuch gegenüber Investoren? Denn gerade erst berichtete das Handelsblatt, dass laut Mercedes-Manager-Kreisen das ursprünglich gesteckte Ziel, von 2019 bis 2026 die Investitionen in Verbrenner um 80 Prozent zu reduzieren, wieder obsolet sei.
Aber was sind nun die Gründe dafür?
Statussymbol Verbrenner
«Diese Vorgabe ist Geschichte», zitiert das Handelsblatt diese Kreise – Die Ursachen dafür sind offensichtlich die Wünsche der Kunden. So bleibt zum einen der erhoffte Elektro-Boom in Europa aus und die Verkaufszahlen fallen trotz hoher Reichweiten hinter den Erwartungen zurück.
Der Absatz des EQS ist in der ersten Jahreshälfte um fast 53 Prozent im Vergleich zum Vorjahreszeitraum eingebrochen. Zum anderen ist da China zu erwähnen: Ausgerechnet im Vorreiterland in Sachen Elektromobilität wünschen sich Premium-Kunden «stinkende Verbrenner».
Dort gelten tatsächlich Luxusfahrzeuge mit Verbrenner-Motoren immer noch als Status-Symbole. Die Absatzzahlen sprechen für sich: Mercedes verkauft monatlich um die 4000 Fahrzeuge seiner S-Klasse, während der EQS beispielsweise im Mai nur 74 Abnehmer fand.
Verbrenner bleiben sexy – mehr Investitionen geplant
Klar, dass in einem solchen Fall die Kundenwünsche bei Mercedes Vorfahrt haben. So planen die Stuttgarter für das aktuelle Geschäftsjahr 14 Milliarden Euro für die Entwicklung moderner Verbrenner-Technologien.
Damit will man einerseits die bewährte Technologie zukunftssicher machen und andererseits natürlich die Emissionwerte weiter senken, um möglichen Strafzahlungen vorzubeugen. Auch hier kommt natürlich wieder die Diskussion um E-Fuels ins Spiel.
Korrektur der Erwartungsziele
Im Grunde kann von einer Korrektur der Erwartungsziele an die «Electro-Only»-Strategie gesprochen werden. Mercedes ist von seiner eigenen Benchmark, bis 2025 die Hälfte aller Verkäufe aus Hybriden und E-Fahrzeugen zu bestreiten, abgerückt: Jetzt lässt man sich Zeit bis 2030.
Geplante Investitionen, wie der Bau von acht Gigafactories und dem Nachfolger des EQS sollen daher auch wie geplant fortgeführt werden. Es bleibt abzuwarten, wie Mercedes seine neu gesteckten Ziele auch mit diesem veränderten Zeitplan halten kann.