Trabant: Statussymbol der Bescheidenheit

Daniel Huber
Daniel Huber

Zwischen Zweitaktwolke und dem charmanten Duft von unverbranntem Öl entfaltet sich die Legende eines Autos, das polarisierte und doch Generationen bewegte.

Trabant 601
Ein illegal entsorgter Trabant. - Fototrommer

Der Trabant, ein Kleinwagen aus Ostdeutschland (1957-1991), nimmt eine spezielle Stellung in der Automobilgeschichte ein. Innerhalb der DDR besass er eine bemerkenswerte Bedeutung und avancierte mit rund 3.7 Millionen Exemplaren zum meistverbreiteten Auto.

Trabant Cabrio
Marke Selbstbau: Obwohl der Trabant primär als preisgünstiges Alltagsauto konzipiert war, bot die Cabrio-Version ein überraschend offenes Fahrerlebnis. - Torsten Maue

Symbolträchtig wurde er beim Mauerfall 1989, als Ostdeutsche in ihren «Trabis» nach Westdeutschland fuhren. Heute ist er ein Kultklassiker und ein begehrtes Sammlerstück.

Seine Reise vom Gebrauchsgegenstand zum Symbol eines untergegangenen Regimes und schliesslich zum Oldtimer verdeutlicht seine einzigartige Entwicklung. Die Produktion begann nach dem Krieg mit der Enteignung des Auto Union Werks in Zwickau.

Beginn

1954 beschloss das Politbüro einen erschwinglichen Kleinwagen. 1958 fusionierten Audi und Horch zum VEB Sachsenring und die Serienproduktion des Trabant P 50 startete.

Der Name «Trabant» (Satellit) war vom sowjetischen Sputnik inspiriert. Die Produktionszeit erstreckte sich von 1957 bis 1991. Lange Wartezeiten von über einem Jahrzehnt waren typisch. Über 3 Millionen Fahrzeuge wurden produziert, das Ende kam 1991.

Trabant P600
Als zweite Ausführung des Trabant kam zwischen 1962 und 1964 die Baureihe 600 auf den Markt. Diese Limousine mit der internen Bezeichnung P 60 wurde in Zwickau hergestellt. - TOMMES-WIKI

Der Trabant P 50 / 500 (ab 1957) war das erste Modell (18-20 PS, 499-594 cm³), als Limousine und Kombi erhältlich. Der Trabant 600 (1962-1965) bot mit 23 PS (599 cm³) mehr Leistung und war ebenfalls als Limousine und Universal verfügbar.

Erfolgsmodell 601 und Wendemodell 1.1

Der Trabant 601 (1964-1990) war mit über 2,8 Mio. Einheiten das meistgebaute Modell. Er erhielt eine modernere Optik und leistete 23-26 PS.

Trabant 601 S Deluxe
Ein Exot auch in Grossbritannien. Der Trabant erfreut sich nicht nur in den ehemaligen Ostblockstaaten großer Beliebtheit. - Mick

Es gab zahlreiche Varianten wie S, DeLuxe, Kübel, Tramp, Hycomat und Rallye. Kleinere optische und technische Updates erfolgten im Laufe der Zeit. Bei der Einführung war er modern, doch fehlende Weiterentwicklung führte zur Überalterung.

Der Trabant 1.1 (1990-1991) besass einen 1043 cm³ VW-Viertaktmotor (40 PS), Scheibenbremsen und Bodenschaltung. Er war als Limousine, Universal und Cabrio erhältlich. Die Produktion (ca. 39.000 Einheiten) endete 1991.

Technik

Der Trabant 601 besass einen luftgekühlten Zweitaktmotor, der Öl-Benzin-Gemisch benötigte und deutlich rauchte. Seine Leistung war gering (23-26 PS, 40 PS im 1.1).

Trabant P60
Im Hinblick auf die Karosseriestruktur gab es keinen Unterschied zum P 50: Der Trabant 600 besass weiterhin eine Duroplast-Hülle auf einem stählernen Skelett. - Wikipedia

Die Karosserie bestand aus einem Stahlchassis mit Duroplast-Teilen (Baumwollreste, Phenolharze), das haltbar und rostbeständig war, aber auch Nachteile hatte. Er hatte Vorderradantrieb, ein Viergang-Schaltgetriebe mit Lenkradschaltung und optional eine automatische Kupplung.

Die Federung war einzelradaufgehängt (Blatt- oder Schraubenfedern), die Bremsen waren Trommeln (vorn Scheiben im 1.1). Eine Tankanzeige fehlte teils. Die Innenausstattung war spartanisch.

Wertigkeit in der DDR Lebenswirklichkeit

Der Trabant prägte den Alltag in der DDR. Lange Wartezeiten (10-15 Jahre) machten ihn zum Sehnsuchtsobjekt und Symbol persönlicher Freiheit. Er förderte eine «Do-it-yourself»-Kultur.

Es existierte ein Schwarzmarkt für Gebrauchte. Er war nicht das einzige Auto in der DDR, aber das prägendste. Im Volksmund hatte er Spitznamen wie «Trabi», «Rennpappe», «Plastebomber» und «Zündkerze mit Dach».

Trabant_1.1
Obwohl im Herbst 1989 ein neues Modell für 18.900 Mark präsentiert wurde, stiess es auf wenig Begeisterung. - Asterion

Er war Gegenstand von Witzen, Liedern und Filmen und somit Teil der Popkultur. Seine symbolische Bedeutung beim Mauerfall ist unbestreitbar. Heute erlebt der Trabant eine Wiederauferstehung als Oldtimer, beliebt bei Sammlern weltweit. Gut erhaltene Modelle erzielen steigende Preise.

Trabant heute

Es gibt Trabant-Besitzerclubs und -Treffen. Seine Attraktivität beruht auf Nostalgie, Einzigartigkeit, einfacher Mechanik und historischer Bedeutung. Seine Fahrleistungen waren begrenzt, der Komfort gering und die Abgasemissionen hoch.

Trabant 1.1 Cabrio
Ab 1993 bot das Unternehmen Ostermann aus dem niedersächsischen Osnabrück Umbausätze an, mit denen Trabant-Limousinen zu Cabriolets umgerüstet werden konnten. - Thorsten Maue

Die Ausstattung war einfach und er galt als einfach zu reparieren. Sicherlich war der Trabant kein technisches Wunderwerk im globalen Massstab.

Sein «Wunder» lag darin, Millionen Ostdeutschen Mobilität zu ermöglichen. Er repräsentiert eine vergangene Ära und ist ein Sinnbild für die Beschränkungen und den Einfallsreichtum in der DDR.

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